SWR3 Gedanken

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16AUG2019
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In meinem Badezimmer steht ein verchromtes Spiegelschränkchen. Es ist genau so, wie ich es haben wollte. Weil ich in keinem Einrichtungshaus so eines gefunden habe, stammt es aus dem Vorort vom Reich Gottes. Außerdem besitze ich mehrere Bücher, 5 hübsche Porzellanteller, einen nagelneuen Webteppich und diverse andere Dinge. Alles aus dem Vorort vom Reich Gottes.

Dort bekommt man Dinge geschenkt.
Dinge, an denen niemand mehr etwas verdienen will.
Dinge, die die Vorbesitzer einfach so weitergeben wollen. Damit jemand anderes sie nutzen kann. Was nicht mitgenommen wird, wird später zum Recyclinghof gebracht. Dieser Vorort vom Reich Gottes ist mein Wohnviertel. Dort stehen fast täglich Gebrauchsgegenstände vor den Häusern, die mit Schildern versehen sind. „Zum Mitnehmen“ steht darauf. Oder: „Zu verschenken“.

Ich finde das großartig. So stelle ich mir das Reich Gottes vor. Zumindest die materielle Seite: Niemand hängt an seinem Besitz. Dinge werden weitergeben, ohne Profit. Einfach so. Nein, nicht einfach so. Sondern mit der Freude, dass vielleicht jemand anderes einen Nutzen davon hat.

 

Als Jesus gesagt hat, dass das Reich Gottes mitten unter uns ist, hat er vermutlich nicht die Verschenkekisten in meinem Wohnviertel gemeint. Aber ich finde sie sind trotzdem ein guter Anfang.

Wer weiß, vielleicht kriegen wir es ja auch noch hin, dass wir uns gegenseitig zum Essen einladen, unsere Sorgen und Nöte teilen und gemeinsam unsere Hoffnung leben: dass Gottes Reich, ja Gott selbst mitten unter uns ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29207
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