SWR4 Abendgedanken

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„Wenn du in diese Kirche gehst, zähl mal die Kerzenleuchter an der Wand.“ Das hat mir eine Bekannte geraten, als ich ihr erzählt hab, dass ich die Kirche St. Maria Magdalena in Freiburg besuchen möchte. Als ich dort war, habe ich natürlich nachgezählt – es waren 13. Das hat mich überrascht, denn normalerweise sind es in katholischen Kirchen genau 12 Leuchter, die an den Wänden hängen. Für jeden der zwölf Apostel Jesu einer. Dass es in dieser Kirche eine dreizehnten Leuchter gibt, liegt an der Frau, die der Kirche den Namen gegeben hat: Maria Magdalena. Manchmal wird sich auch Maria von Magdala genannt. Christen feiern heute ihren Gedenktag.

Sie ist eine der bedeutendsten Frauen im Neuen Testament: Ihr Beiname, von Magdala, verrät, wo sie gelebt hat. Nämlich im Ort Magdala am See Genezareth. Vielleicht hat sie dort auch Jesus getroffen. Der Überlieferung nach wurde sie von Jesus geheilt und hat ihn danach begleitet. Sie war eine besonders treue Jüngerin. Die meisten anderen Gefährten von Jesus sind bei seiner Kreuzigung abgehauen. Maria Magdalena hat weiter zu ihm gehalten und blieb bis zu seinem Tod bei ihm. Drei Tage später war sie am Ostermorgen noch vor den Aposteln die erste, die Jesus nach seiner Auferstehung begegnet ist. Er selbst hat sie beauftragt, von seiner Auferstehung zu erzählen. 

Weil sie so eine große Bedeutung hat, wurde sie schon bald nach ihrem Tod verehrt und in der Spätantike mit dem besonderen Titel „Apostelin der Apostel“ gewürdigt. Später ist sie dann eher in Verruf geraten. Sie wurde in der kirchlichen Tradition mit einer anderen Frau aus der Bibel identifiziert: Mit einer namenlosen Sünderin, die Jesus die Füße mit ihren Haaren gewaschen und ihn danach mit kostbarem Öl gesalbt hat. Eine sehr intime Szene. Lange Zeit haftete Maria Magdalena deshalb ein negatives und sexualisiertes Image an. 

Erst im 20. Jahrhundert hat die katholische Kirche sie als besondere Jüngerin Jesu wiederentdeckt. Papst Franziskus hat vor einigen Jahren an ihren Titel „Apostelin der Apostel“ erinnert und ihren heutigen Gedenktag im kirchlichen Kalender aufgewertet. Seitdem hat ihr Fest den gleichen Rang wie die Gedenktage der anderen 12 Apostel. Ein wichtiges Fest für Christen auf der ganzen Welt. 

Maria Magdalena war Jesus treu bis zum Ende. Sie war die erste Zeugin und Botin der Auferstehung. Kein Zweifel, sie war unter den Jüngerinnen und Jüngern eine wichtige Frau. Ihr Gedenktag erinnert daran, dass Frauen schon immer zum Kreis Jesu gehört haben. Dass eine Kirche ohne Frauen undenkbar ist. Und ich frage mich, warum es zwar eine Gleichstellung zwischen ihr und den Aposteln im kirchlichen Kalender gibt, diese Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in der Kirche aber nicht möglich sein soll.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29073
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