SWR3 Gedanken

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26JUL2019
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Es gibt Sätze, die sagt jemand zu dir und danach bist du ein Anderer. Weil die Sätze ins Schwarze treffen und weil du sie dann irgendwie nicht vergisst. Einen solchen Satz trage ich momentan mit mir rum.

Unser Kinderarzt hat ihn zu mir gesagt. Der Satz heißt: „Sie sind nicht hilflos.“ Ich habe ihm davor von meiner Odysee im Krankenhaus erzählt. Wie ich mit unserem Baby, wegen einer kleinen OP in der Kinderklinik war und keiner zuständig sein wollte. Vier, fünf Stunden war ich da in den verschiedenen Abteilungen unterwegs. Das habe ich unserem Kinderarzt erzählt, so in dem Stil: „Da ist man ja total hilflos und ausgeliefert.“ Seine Antwort: „Sie sind nicht hilflos. Hilflos sind andere. Die, die kein Wort Deutsch oder Englisch verstehen und deren Kind chronisch krank ist.“ Sofort war mir klar, dass er recht hat. Ich bin nicht ausgeliefert. Ich kann immer nochmal nachfragen oder jemanden dazu holen, der mich unterstützt.

Das, was unser Kinderarzt zu mir gesagt hat, das hat mich wieder auf den Boden geholt.

Auf den Boden der Realität würde ich sagen, denn mir geht es tatsächlich richtig gut. Meine Lieben sind alle gesund und ich selber auch. Ich habe keine Geldsorgen und lebe in einem friedlichen und freien Land. Natürlich habe ich trotzdem so meine Probleme oder manchmal einfach schlechte Laune. Ich habe auch immer wieder mal Streit mit anderen oder mit mir selbst. Aber das ist alles erstmal halb so wild.

Der zweite Satz, an den ich auch oft denke, geht in eine ähnliche Richtung. Ich habe ihn hier im Radio gehört. Da hat eine Frau gesagt: „Ich dusche mich jeden Morgen mit heißem Trinkwasser ab. Dann überlege ich, was ich frühstücke. Also: es geht mir gut!“

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