SWR3 Gedanken

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21JUL2019
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„Ich bin a kli gsi“. Das ist ein typischer Satz aus der Schweiz. Es kann sein man bekommt ihn als Antwort, wenn man einen Schweizer montagmorgens fragt: „Und, was hast du am Wochenende gemacht?“. „Ich bin a kli gsi.“, das heißt auf hochdeutsch: „Ich bin ein bisschen gewesen.“ Punkt. Wo oder wie möchte man fragen, aber nichts davon.

Peter hat mir das erzählt. Er hat als Deutscher in der Schweiz gearbeitet und für ihn war es am Anfang komisch, dass sein Schweizer Kollege nach dem Wochenende einfach diesen einen Satz sagt und fertig: „Ich bin ein bisschen gewesen.“ Als Deutscher war er es gewohnt, dass man am Wochenende viel unternimmt: eine Radtour oder mit Freunden grillen. Und dass man das am Montagmorgen dann auch erzählt. Es ist ja auch wichtig, dass man fit bleibt, immer gute Kontakte hat und eben auch etwas dafür tut.

Bei dem Schweizer Kollegen war das ganz anders. Der war eher stolz darauf, wenn er gar nichts groß gemacht hat. Zumindest hat er immer breit gegrinst, wenn er am Montagmorgen gesagt hat: „Ich bin a kli gsi.“ Was dahinter steckt? Vielleicht war er einfach nur daheim. Auf der Couch oder extra lang am unaufgeräumten Frühstückstisch. Denn wer einfach nur „ein bisschen gewesen ist“, der macht nichts Großes und vor allem, der leistet nichts. Der lässt den Tag schleifen und schaut mal was kommt. Gar nicht so einfach, finde ich.

Aber er hat aus seiner Zeit in der Schweiz etwas mitgenommen. Er hat es immer öfter selber ausprobiert. Und er hat gelernt: das ist wichtig und es hilft ihm sogar. Denn wenn Peter am Wochenende mal ganz bewusst „alle fünfe grade sein lässt“, dann merkt er: ich bin nicht nur das, was ich leiste. Ich bin auch gut genug, wenn ich mal nichts tue. Ich darf das und es ist sogar schön, wenn ich einfach nur bin.

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