SWR4 Abendgedanken

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Vor zwei Monaten habe ich die Kaserne der Deutsch-französischen Brigade in Müllheim besucht. Dort hat der katholische Standortpfarrer Thomas Frey mir und einigen Gästen seine Arbeit vorgestellt. In Müllheim ist das Zentrum der rund 6000 Frauen und Männer, die zur Deutsch-französischen Brigade gehören. Franzosen und Deutsche üben hier gemeinsam, den Frieden militärisch zu sichern.

Mich hat besonders interessiert, wozu es bei der Bundeswehr einen Pfarrer braucht. Pfarrer Frey arbeitet seit fünf Jahren in Müllheim. Gottesdienste mit den Soldaten zu feiern, ist nur ein kleiner Teil seiner Aufgaben. Er erteilt zum Beispiel auch das Fach Lebenskundlicher Unterricht. Da bespricht er mit den Soldaten ethisch-moralische Fragen, damit sie  im Einsatz selbst beurteilen können, was den Menschen dient. Außerdem begleitet Pfarrer Frey die Soldaten mit ins Ausland. Besonders eindrücklich hat er von den Monaten in Mali in Westafrika erzählt. Dort unterstützt die Deutsch-französische Brigade eine Friedensmission der Vereinten Nationen. Es scheint eine harte Zeit gewesen zu sein: Vor allem die große Hitze und die ständige Angst vor Terrorangriffen kosten viel Kraft. Die Soldaten riskieren ihre Gesundheit und ihr Leben, wenn sie die Kaserne für einen Einsatz verlassen.

Pfarrer Frey will für die Soldaten ein Seelsorger sein in diesen schwierigen Situationen. Er weiß: Hinter jeder Uniform verbirgt sich ein Mensch – mit einer eigenen Geschichte und eigenen Träumen. Wer zu ihm kommt, fragt selten nach Gott und dem Sinn des Lebens. Oft sind es ganz konkrete Probleme: Der eine ist süchtig nach Alkohol und kann sein Leben nicht mehr kontrollieren. Die andere ist verschuldet und spielsüchtig. Pfarrer Frey ist dann da und bietet Hilfe an.

In der Gesellschaft hat die Bundeswehr bei vielen keinen guten Ruf. Ein Traumberuf ist es für die wenigsten. Viele entscheiden sich für diesen Weg, weil es in ihrer Region sehr schwierig ist, einen Job zu finden. Oft leben die Soldaten dann an einem Ort weit weg von zuhause. Bundeswehr – das heißt: Die eigene Familie oder Freunde sehen die Soldaten meist nur am Wochenende. Für die Beziehungen ist das anstrengend. Wer dann noch für sechs Monate ins Ausland gehen muss, hat oft Angst, ob die Liebe zum Partner das aushält. Pfarrer Frey hat für diese Sorgen ein offenes Ohr. Er lädt auch zu Wochenenden ein, in denen die Familien sich erholen und austauschen können.

Keiner kann immer nur stark sein. Wer in der Bundeswehr seinen Job macht, ist und bleibt ein verletzlicher Mensch. So viel habe ich gelernt über die Aufgaben eines Pfarrers bei der Bundeswehr: Er erinnert daran, dass es auch Zeit für die Seele braucht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29000
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