SWR4 Abendgedanken BW

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Haben sie Ihnen gut getan, diese vielen Feiertage?
Dieser Serie von Feiertagen an Weihnachten und Silvester ging ja jeweils noch das Wochenende voran.
Und einer meint: "Jetzt langt's aber auch mal wieder mit Fest - und Feiertagen! Wird Zeit, dass mal wieder was geschafft wird!"
Ich tu mich schwer, ihm ganz recht zu geben: Klar, ein Fest, Festzeiten überhaupt, sind ja auch grade deshalb was Besonderes, weil sie die Ausnahme im Alltag sind. Damit muss auch der Werktag das Normale sein. Also gut: Für diesmal ist dann eben lang genug gefeiert! Dann schaffen wir halt wieder was ...
Trotzdem, ich jedenfalls brauche diese Feiertage. Sie sind noch mal was ganz anderes als einfach 'bloß' Urlaub. Ich finde es so wichtig, dass wir gemeinsam Festtage feiern. Die übliche Geschäftigkeit ruht. Das Kaufen und Verkaufen, das Produzieren - alles ist unterbrochen. Wenigstens an diesen Feiertagen geht es nicht um Leistung und Produktivität, nicht um Effektivität und Profit.
Wir Menschen brauchen diesen geschützten Raum, es braucht die Ruhe der Feiertage, um wieder zu spüren, was mir die Familie, die Freunde "wert" sind. Wofür und wovon wir leben. Eben was wir einander wert sind. Das ist was anderes als das, was wir geleistet haben.
Die Jahreslosung für das grade begonnene Jahr passt mir da ganz gut: 'Jesus Christus spricht: "Ich lebe und ihr sollt auch leben"' (Joh 14, 19) Weil Gott es will, darum sollen wir leben. Ich muss keine Vorleistungen erbringen, keinen Leistungsnachweis vorweisen. Das gibt es umsonst, dass Gott zu mir sagt: Du bekommst das Leben geschenkt, weil du mein Kind bist.
Welch ein Gegensatz zum Alltag, in dem mir gebetsmühlenartig vorgerechnet wird, dass ich nichts geschenkt bekomme. Im Gegenteil: Was ich koste, wenn ich krank werde. Dass ich als Rentner bald nicht mehr bezahlbar bin, wenn man sich die Alterspyramide ansieht. Dass Deutschland in Europa die höchste Zahl an gesetzlichen Feiertagen habe, die Deutschen die meisten Urlaubstage hätten und dass wir alle noch mehr leistungsbereit werden müssten ...
Und Gott sagt da mal so eben zu uns: "Ich lebe und ihr sollt auch leben", das Leben ist geschenkt! Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Und plötzlich wünsche ich mir noch mehr Feiertage, dass öfter im Jahr 'Weihnachten und Silvester und Ostern und Pfingsten' wird: Feiertage, an denen wir feiern, dass wir mit dem Leben Beschenkte sind, lange schon, bevor wir etwas dafür geleistet haben. Dann wüssten wir, was wir einander wert sind!
Gottes Menschlichkeit hat keinen festen Termin, ist nicht an gesetzliche Feiertage gebunden, aber: Wie gut, dass wir die Feiertage haben, um uns daran zu erinnern.
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