Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

20JUN2019
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Zwei Jammergestalten auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus. Ihre Hoffnung, ihre Sehnsucht, in Jesus von Nazareth den Befreier und Erlöser gefunden zu haben, liegt in Scherben. Denn ihr Meister, für den sie alles verlassen haben, hängt tot am Kreuz. Resigniert kehren die beiden in ihr altes Leben zurück. Ein Unbekannter schließt sich an. Sie erkennen ihn erst an der Art, wie er mit ihnen in der Herberge das Brot bricht: Es ist der Herr, er lebt.

Gebrochenes Brot für gebrochene Menschen. Das ist für mich das Geheimnis des Abendmahls. Wenn ich in der katholischen Liturgie das Heilige Brot breche, erinnere ich daran, dass Jesus selbst gebrochen, zerbrochen wurde am Kreuz von Golgotha.

Gebrochenes Brot für gebrochene Menschen. Viele Kranke nehmen es gläubig und dankbar in Empfang. Eine schwere Krankheit hat sie niedergeworfen, oder die Jahre zehren einfach an den Kräften. Nun pocht der Tod an die Tür. Kranke und Sterbende  verspüren etwas von der Lebenskraft dieses Brotes, schöpfen Hoffnung und Mut.

Mit Erwerbslosen habe ich immer wieder das Brot gebrochen. Mit denen, deren Lebensentwurf gewaltsam durchbrochen worden ist. Würde man die Arbeit teilen, wie man dieses Brot miteinander teilt – alle hätten Anteil. Alle hätten gut zu leben.

Gebrochenes Brot für gebrochene Menschen. Im Gefängnis begegne ich jenen, deren Biografie durch eine Straftat gebrochen wurde. Auch sie lade ich beim Gottesdienst ein, dieses Brot zu empfangen. Manche kommen nur zögerlich nach vorne. Ich mache ihnen Mut, denn das Abendmahl ist das Mahl der Sünder. Wer möchte von sich behaupten, er wäre nicht auch angeknackst und gebrochen?

Gebrochenes Brot für gebrochene Menschen – das feiert heute die katholische Christenheit an Fronleichnam. „Leib des Herrn“ bedeutet dieses für uns befremdliche Wort. Wir feiern ihn, der gebrochen wurde, und der uns das Zeichen des gebrochenen Brotes hinterlässt, damit wir leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28868
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