SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Angst und Furcht sind nicht dasselbe. Obwohl es sein kann, dass wir auf beides ganz ähnlich reagieren: Mit schnellerem Herzschlag, Atemnot, Schweißausbrüchen. Womöglich fällt es uns schwer, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Trotzdem sind die Ursachen sehr verschieden.

Wenn uns etwas Angst macht, dann ist das ein umfassendes Gefühl, und gleichzeitig eines, das wir kaum zuordnen können. Angst ist existenziell. Es scheint so, dass zunehmend mehr Menschen unter solchen Ängsten leiden: dass sie etwas nicht schaffen; dass sie ihrem Partner nicht genügen; dass ihr Lebenshaus auf so wackeligen Füßen steht und sie denken: noch ein Schritt und ich bin darunter begraben.

Furcht dagegen hat ein klares Gegenüber. Man fürchtet sich vor der Dunkelheit, vor einer Spinne oder einer Prüfung. Weil die Furcht eine konkrete Ursache hat, die wir verstehen und benennen können, gelingt es uns besser, mit ihr umzugehen als mit der Angst. Furcht kann Kräfte freisetzen, und unseren Blick für die wahren Verhältnisse schärfen. Ich habe mir überlegt, welches Wort denn der Furcht am nächsten kommt und ihr den Schrecken nehmen könnte. Und ich bin am Wort Respekt hängen geblie-ben. Furcht flößt uns auch Respekt vor etwas ein. Und das ist eine kluge Reaktion, weil sie uns schützt und den Platz zuweist, der uns zusteht. Damit wir nicht übers Ziel hinausschießen oder anmaßend werden. Ich habe noch gelernt, dass es Respektspersonen gibt. Ihre Autorität war unangefochten, weil sie Spezialisten auf ihrem Gebiet waren oder ein Amt hatten, das natürlichen Schutz verdient hat. Natürlich habe ich im Laufe der Zeit gemerkt, ob sie ihren Respekt wirklich verdienen. Aber zunächst einmal war das so. Ich hatte Respekt.

Viele Menschen, die an Gott glauben, fürchten ihn auch. Weniger wegen Strafen oder dem letzten Gericht. Sondern wegen seiner unermesslichen Größe, seiner Allmacht und schöpferischen Kraft. Die können wir nur bestaunen und verehren. Gottesfurcht ist eine der sieben Gaben des Heiligen Geistes. Und damit ist eben nicht gemeint, dass wir uns vor Gott verstecken müssten, dass er uns klein machen will, sondern dass es klug ist, wenn wir ihn respektieren. Wer Gott in diesem Sinne „fürchtet“, wird sich nicht zum Maß aller Dinge machen. Sondern menschlich handeln - wie es sich für ein Geschöpf Gottes gehört.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28836
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