Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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06JUN2019
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Exerzitien. Das Wort verbinden viele mit Schweigen, Kloster und Beten.

Ein paar Tage raus aus dem Alltag, raus aus dem Trott, um Zeit zu haben. Zeit für mich selbst, die Fragen, die mich umtreiben, Themen, die anstehen. Und Zeit für Gott haben. Für die Stille, das Gebet, ein Gespräch mit dem Seelsorger. Zeit, um mich neu auszurichten. Das kann sehr intensiv und bereichernd sein.

In meiner Gemeinde gibt es seit ein paar Wochen auch Exerzitien. Die Frauen und Männer, die daran teilnehmen, bleiben allerdings zuhause. Ich spreche von Exerzitien im Alltag. Mitten im Alltag, so wie er sich gestaltet, mit vollem Terminkalender, Bügelwäsche und Gartenarbeit. Trotz Beruf und Verpflichtungen Exerzitien machen. Kann das gehen?

Die Stille und freie Zeit, die ein Kloster bietet, kann ich im Alltag nicht erwarten. Aber dennoch geht das.

Für die Frühaufsteher passt es am Morgen, bei anderen ist es die Mittagspause und wieder andere finden abends Zeit. Für ein Gebet, eine Bibelstelle, einen Impuls, für Stille. Das reicht schon, um den Tag zu prägen, ihn auf Gott hin auszurichten.

„Bitte Gott um all das, was du heute brauchst.“ Das ist eine Empfehlung der Exerzitien. Und so wie jeder Tag mit einem anderen Thema, einem neuen Gedanken gestaltet wird, so fällt diese Bitte auch ganz unterschiedlich aus. Kraft, Mut, Klarheit für eine wichtige Entscheidung. Leichtigkeit, Freude, Trost. Was ich brauche, kann jeden Tag etwas anderes sein.

Doch ich erlebe: Gott gibt. Vielleicht nicht genau das, was ich mir vorstelle. Aber doch so viel, um gut durch den Tag zu kommen. Das fällt mir abends auf. Wenn ich, wie bei Exerzitien üblich, auf den Tag zurückschaue. Was gelungen ist, wofür ich dankbar bin, was anders als gedacht war, was noch offen ist.

Ein paar bewusste Minuten am Tag, eine kleine Auszeit, in der ich erahnen darf, dass Gott mich begleitet. Eine Zeit, die sich voll und ganz lohnt.

Und der Wäschekorb und das Unkraut können dabei ruhig noch etwas warten.

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