SWR1 Begegnungen

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Christopher Schacht, Foto: Micha BührleJanine Knoop-Bauer trifft: Christopher Schacht, Weltreisenden und Buchautor.

Dem Tätigkeitstaumel entfliehen und Gott finden

Ich besuche den Vierundzwanzigjährigen bei ihm zu Hause. Vor kurzem ist er mit seiner Frau Michal in die Nähe von Frankfurt gezogen und studiert Theologie am Seminar der freien Pfingstgemeinden. Sein Weg hierher war weit – einmal um die ganze Welt – 45 Länder in vier Jahren. Die Reise hat sein Leben verändert sagt er und strahlt dabei. Er hat nicht nur seine Frau kennengelernt, sondern auch zum Glauben gefunden. Was hat damals den Ausschlag gegeben loszufahren?

Als ich siebzehn Jahre alt war hatte ich schon diesen Drang in die Welt hinauszugehen um endlich mal etwas über den Tellerrand hinauszuschauen, Sonne auf der Haut zu spüren und als dann das Abreisedatum näher kam, wollte ich frei sein. Einfach nicht mehr diesen vollen deutschen Terminkalender haben, sondern in den Tag hineinleben können, ungebunden sein. (…) Das war mir wichtig das einmal im Leben zu erleben.

Aber Christopher Schacht hatte sich noch was anderes vorgenommen: mit 50 Euro in der Tasche wollte er auskommen. Schauen, wie weit ihn das bringt. Schauen, was passiert, wenn man ohne finanzielles Polster unterwegs ist. Die Ernüchterung kam gleich nach dem ersten Abend in Amsterdam:

Ich wach dann am nächsten Tag auf zähl mein Geld durch und hab nur noch 15 Euro übrig…hat also nicht ganz so funktioniert wie ich mir das vorgestellt hatte. Am Anfang habe ich ziemlich viele unweise Entscheidungen getroffen, aber, das schöne ist ja, man darf ja noch dazu lernen.

Viel hat er gelernt, auf dieser Reise. Zum Beispiel sich auf das Wesentliche zu konzentrieren:

Albert Schweizer hat mal gesagt, dass der Mensch in einem Tätigkeitstaumel gefangen ist damit er sich nicht die großen Fragen des Lebens stelle. … das hat auch auf mich total zugetroffen, als ich noch in Deutschland war. Also wir leben ja in diesem tollen und sicheren Alltag … und dann außerhalb von Deutschland hatte ich plötzlich so viele existentielle Sorgen und hab dann aber auch nach na Weile gemerkt: Hey, diese existentiellen Sorgen sind auch Gottes Sorgen … und als ich das so erlebt hab – auch viele Gebetserhörungen erlebt hab, bin ich dann auf die Suche nach diesem Geber gegangen.    

Für den Pfarrersohn lag es nahe die Suche nach Gott in der Bibel zu starten. Die Bergpredigt – liebe Deine Feinde! Das fand er krass, wie er sagt, aber auch interessant und überraschend aktuell. Und er hat Menschen getroffen, mit denen er über das reden konnte, was er gelesen hatte. Auch das hat ihm geholfen bei seiner Suche:

ich bin in den Osten von Venezuela, wollte zu den Ureinwohnern und Missionare haben mich da mitgenommen, weil sonst nichts anderes dahin fuhr – das war außerhalb von irgendwelchen Straßensystemen, weit weit weg im Dschungel und diese Missionare denen habe ich meine ganzen Fragen gestellt und dann haben die mir das so beantwortet (…) und irgendwann meinte dann einer: Ja, probier mal Jesus jeden Tag mehr in dein Leben zu lassen. Und ich dachte: Uups, das ist ne krasse Sache, kann man das so machen… Aber dachte mir dann: Hey Jesus ist jemanden der ist so unglaublich moralisch gut unterwegs gewesen und dachte mir  - wenn man so jemanden in sein Leben lässt – schaden kann das ja eigentlich doch dann will ich das mal ausprobieren.

Glaube braucht die Entscheidung und die Gemeinschaft

Christopher Schacht ist einmal um die Welt gereist: zu Fuß, per Anhalter, auf Segelyachten. Wenn man den 24Jährigen trifft glaubt man das sofort: Er sieht aus wie ein Abenteurer – lange Haare zum Zopf gebunden, groß, sportlich und offen. Aber das eigentliche Abenteuer seiner Reise ist ein spirituelles gewesen: Er hat unterwegs zum Glauben gefunden und das hat sein Leben maßgeblich verändert.

In diesem Prozess hat sich dann tatsächlich mein gesamtes Lebensfundament so richtig umgekrempelt. Als ich bin hatte ich den Gedanken: erst komm ich und dann kommen die anderen und das muss ja gar nicht schlecht sein, weil man kann ja auch nicht das geben was man selber nicht hat…. Und dann habe ich gemerkt: Der Anspruch von Gott ist eigentlich ein ganz anderer, so wie ich dann die Bibel verstanden habe ging es gar nicht um mich, sondern es ging um eine totale geht um eine Selbstrücknahme, dass ich nicht an erster Stelle komme, sondern Gott an erster Stelle kommt und mich total erfüllt mit seiner Freude und seiner Kraft seiner Begeisterung und ich dadurch die Kraft finde, anderen zu helfen…

Christopher Schacht ist begeistert, das spürt man. Es macht Spaß mit ihm zu reden und seine Begeisterung ist ansteckend. Aber ich frage mich auch: Ist es wirklich so einfach? Ich kenne in meinem Glauben auch Zeiten, in denen ich nicht so glücklich bin und es mir schwer fällt an Gott festzuhalten. Er kennt das auch.

Ich bin jemand, der tatsächlich wenn er morgens aufsteht sich jetzt überhaupt nicht danach fühlt zu sagen: Hey Gott, Du bist gigantisch, ein wunderbarer großer Gott… sondern im ersten Moment würde ich sagen, dass dieses Leben wirklich alles ist und nichts darüber hinaus geht, denn wenn man ganz ehrlich ist, dann ist das ja bisher auch immer so unsere Erfahrung gewesen… Das heißt, von dem Gefühl her fühlt man sich erstmal nicht danach zu glauben. Und ich finde das unglaublich schöne, das Glauben eigentlich kein Gefühl ist, sondern eine Entscheidung.

Wenn ich Christopher Schacht anschaue sehe ich – ihn trägt diese Entscheidung und sie erfüllt ihn auch. Und auch wenn ich meinen Glauben anders erlebe – weniger euphorisch: Seine Freude am Glauben stimmt mich froh. Die Begegnung mit ihm hat meinen Tag irgendwie heller gemacht. Christopher Schacht behält seine Freude nicht für sich. Er findet: Glauben braucht Gemeinschaft

Also wenn Gott wirklich der christliche Gott ist: Vater, Sohn und Heiliger Geist dann ist er in sich selbst Gemeinschaft und wenn wir in seinem Ebenbild geschaffen sind denke ich, sind wir auch für Gemeinschaft geschaffen. Also ich glaube, dass der Mensch zutiefst ein Gemeinschaftswesen ist und dass nebenbei Gemeinschaft somit das Erfüllendste überhaupt auf der Welt ist – wenn wir feste, gesunde Beziehungen um uns rum haben und vor allem auch das Christsein in Gemeinschaft stattfindet – dann sind wir in unserer wahren Bestimmung und dann macht uns das auch wirklich nachhaltig glücklich.

Buch: Mit 50 Euro um die Welt

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28325
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