SWR4 Sonntagsgedanken

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Heute Mittag startet in München die Parade zum St. Patrick’s Day. Dann feiern Tausende Menschen miteinander. Sie tragen grüne Kleidung und befestigen Kleeblätter daran. Sie machen Musik, essen und trinken zusammen. Diese Parade ist eine von vielen, mit der heute der Nationalfeiertag der Iren begangen wird. Menschen gedenken weltweit ihrer irischen Wurzeln oder sind einfach solidarisch und feiern mit.

Zu verdanken haben die Iren diesen Feiertag dem heiligen Patrick. Er hat im 5. Jahrhundert gelebt und den Glauben nach Irland gebracht. Patrick kommt vermutlich aus Großbritannien und stammt aus christlichem Haus. Als er 15 Jahre alt ist, wird er entführt und als Sklave nach Irland gebracht. Er muss dort Schafe hüten. Eines Tages träumt er, wie er entkommt und später den Iren die frohe Botschaft verkündet. Und so kommt es dann auch. Patrick flieht und geht in seine Heimat England zurück. Er wird Priester, dann Mönch, studiert Theologie und kehrt nach Irland zurück.

Und wie er zurückkehrt! Die Legende berichtet, dass alle Schlangen und giftigen Tiere die Insel verlassen, als Patrick mit seinen Gefährten ankommt. Bis heute wird er mit Schlangen dargestellt oder als der Hirte, der er früher war. Patrick erkennt man aber auch am dreiblättrigen Kleeblatt. Mit ihm soll er den Iren erklärt haben, wie das mit der Dreifaltigkeit ist: das eine Kleeblatt hat drei Blätter, so wie sich der eine Gott in drei Personen zeigt – als Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Patrick hat den Glauben verkündet und sich dabei nicht nur Freunde gemacht. So mancher keltische Druide wollte ihn vergiften; doch ohne Erfolg. Man erzählt, dass der Heilige 365 Kirchen hat bauen lassen. Weil er als Gefangener die irische Sprache gelernt hatte, konnten ihn die Leute verstehen. Er hat mit ihnen Gottesdienst gefeiert und ihnen von Gott erzählt. Bis heute pilgern Menschen in Irland an die Orte, wo Patrick gewirkt, gelebt und gebetet hat. Und sie feiern ihn in solchen Paraden wie der nachher in München.

Ich vermute mal, dass nicht jeder, der heute mitfeiert, so ganz genau weiß, wer dieser Patrick war. Für mich aber ist das wichtig: die Kleeblätter, die grünen Kleidung oder auch die Schlangenfiguren, die herumgetragen werden, das alles erinnert an einen Mann, der von etwas überzeugt war. Er hat an Gott geglaubt. Das hat ihn gestärkt. Und das hat dazu geführt, dass er sich nicht hat unterkriegen lassen. Das finde ich bewundernswert! Er hat sich gegen Wiederstände durchgesetzt und weitergemacht, obwohl ihm Leute Böses wollten. Er hat sich behauptet, jedenfalls verstehe ich das so, wenn von den giftigen Schlangen erzählt wird, die vor ihm gewichen sind. Und Patrick hat sich auf andere Menschen eingelassen. Er hat ihre Sprache gelernt und gesprochen. Etwas, das ich heute mitunter vermisse: in der Kirche, wenn sie an Menschen vorbeipredigt. Vor allem aber dort, wo man Menschen anfeindet, nur weil man sie und ihre Sprache nicht versteht.

Die heiligen Schmitts und Hubers von nebenan

Heute feiern die Iren den Heiligen Patrick. In meinen Sonntagsgedanken habe ich erzählt, wie er den christlichen Glauben nach Irland gebracht und das Land geprägt hat. Heilige sind ja oft Menschen, die ein Wunder vollbracht haben, besonders gläubig sind und sich für andere einsetzen. Patrick zum Beispiel soll 365 Kirchen gebaut haben lassen. Man erzählt, dass giftige Tiere vor ihm geflohen sind. Und in Irland gibt es einen Stein, auf dem er gebetet hat; bis heute sind dort seine Knieabdrücke zu sehen.

Ich finde, solche Geschichten legen die Latte echt hoch. Mir macht das fast Angst! In der Bibel steht, dass alle, die an Christus glauben, heilig sind (vgl. Eph 1,4; 1 Petr 1,16). Wenn aber Leute wie Patrick das Maß dafür sind, dann gute Nacht. Ich bin echt froh, dass Papst Franziskus dieses Bild vor Kurzem ergänzt und geweitet hat. Er schmälert nicht, was die großen Heiligen vollbracht haben. Er sagt aber deutlich, dass jeder Mensch heilig sein kann. Er nennt das die „Heiligkeit von nebenan“, die „Heiligkeit der Mittelschicht“.

Heilig sind für ihn Eltern, die ihre Kinder liebevoll erziehen. Partner, die sich lieben und umsorgen. Männer und Frauen, die eifrig schaffen, um etwas zu essen auf den Tisch zu bringen. Für Franziskus haben auch Menschen etwas Heiliges, die Verantwortung tragen und dabei ihre eigenen Interessen zurückstellen. Er sagt: Auch Arbeiter sind heilig, wenn sie ihre Arbeit vernünftig machen und diese Arbeit als Dienst am Menschen verstehen. (vgl. Nr. 7 und 11)

Heilige sind für Franziskus also nicht nur jene wie der heilige Patrick, von denen Großes berichtet wird, sondern auch Menschen wie du und ich, die sich an Jesus orientieren. Herr Schmitt oder Frau Huber von nebenan. Christen, die verwirklichen, was Gott ihnen geschenkt hat, die Humor haben, das Leben bejahen und mit Freude im Augenblick leben. Franziskus sagt, Heiligkeit wachse durch kleine Gesten; zum Beispiel wenn jemand bewusst nicht über andere lästert oder auf der Straße einem Armen was Nettes sagt. (vgl. Nr. 16f.) Und vor allem: Heilige müssen für ihn nicht perfekt sein. Sie dürfen Fehler und Schwächen haben. Aber sie hören auf Gott, suchen nach seinem Willen und erkennen, was sie für andere tun können. So erzählen sie von diesem Gott, dessen Markenzeichen die Liebe ist.

Was der Papst über die Heiligen sagt, bringt für mich eine kleine Geschichte auf den Punkt. Sie erzählt von einem Jungen, der sich in der Kirche langweilt. Er fragt seine Mutter nach den Figuren in den Glasfenstern. Sie will die Andacht nicht stören und antwortet kurz: „Das da sind die Heiligen.“ Als bald darauf sein Lehrer fragt, was Heilige sind, sagt der Junge überzeugt: „Heilige sind Menschen, durch die das Licht scheint.“

Ich finde diese Beschreibung großartig. Heilige sind Menschen, die Gott durchscheinen lassen und die durch das, was sie tun, zeigen, dass Gott die Menschen liebt. Sie können Heiliger Patrick heißen. Sie können aber auch so heißen wie Sie oder ich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28311
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