SWR1 Begegnungen

SWR1 Begegnungen

Susanne Zeltwanger-CanzWolf-Dieter Steinmann trifft Susanne Zeltwanger-Canz, Medienpädagogin Stuttgart

…. im Interesse von Kindern

Sie ist ein „Medienmensch“, sagt sie. Vor allem das Smartphone ist immer da - wie bei mir. Und sie hat Medien zum Beruf gemacht: als Medienpädagogin im evangelischen Medienhaus in Stuttgart. Manchmal testet sie sich - zb. als wir uns treffen: wer bestimmt - die Medien oder ich?

Ich habe mein Handy jetzt heute extra weggelassen. Aber sonst habe ich mein Handy immer in der Tasche. Wenns vergessen wurde, dann werde ich nervös.

Ich weiß, dass ich Medien manchmal zu viel Lebenszeit gönne. Sie kennt das auch. Abends wenn die Tochter im Bett ist, noch mal daddeln: ‚es könnte ja was sein.‘

Dann ist ratzefatze ne halbe Stunde rum. Das ärgert mich manchmal, weil ich im Nachhinein überleg: war da wirklich was? Entspannen wäre anders vielleicht sinnvoller gewesen. Aber ich kann Anrufe ignorieren, Nachrichten ignorieren. Das geht schon dann auch, dass ich bewusst sag, jetzt nicht. Weil das ist ja auch das, was ich anderen „predige“.

Susanne Zeltwanger- Canz macht klar: Medienbildung fängt bei mir an. Und es gibt einen Gegner, der sie erschwert. Ich selbst bin der Gegner: wir sind bequem geben zB. Daten leicht her.

Da denk ich: ‚warum mache ich mir eigentlich diese ganzen Mühen. Und dann denk, ne resignieren dürfen wir trotzdem nicht, wir müssen uns trotzdem irgendwie wehren und das bewusst machen.

Wenn man Kinder gehört Medienerziehung dazu: Ihre Tochter wird fotografiert, will selber knipsen, Filme sehen. Nur, ab wann?

Jetzt ist sie drei, jetzt darf sie -so gehirnmäßig- und dann habe ich halt recherchiert, welche Filmchen halt ich jetzt für geeignet, welche sind mir auch nicht zu schnell, zu wirr. 10-15 Minuten, und dann sag ich: ‚so du schaltest jetzt ab, da ist der Ausschaltknopf.‘

Beruflich bildet Susanne Zeltwanger-Canz viele Erzieher*innen weiter. Medienbildung kann da heißen: Kindern spielerisch zu zeigen. Medien sind Werkzeuge, mit denen man Welt entdeckt.

Ich kann eine Schnecke ganz groß fotografieren, ich kann einen Ausschnitt wählen und so erfahren die Kinder eben wie Bilder gemacht werden und dass ich entscheide als Fotograf, was fotografier ich und wie fotografiere ich es.

Oder sie drehen Trickfilme und Kinder erleben: ‚ich bin kreativ.‘ Klar ist: Kinder wachsen mit Medien auf und brauchen uns Große. Zum Verarbeiten dessen was sie ängstigt oder wer ihre Helden sind.

Da würde ich von Erzieher*innen erwarten, dass sie auch mal nachfragen. Was findest Du daran so toll? Bei nem Tierfilm: es werden vielleicht Mama und Kind getrennt. Dann ist das ne schlimme Situation. Und dass man das dann verstehen kann und ein bisschen verarbeiten. Das sollte dann nicht weggewischt werden: ‚Deine Medienerfahrung wollen wir hier nicht.‘

Manchmal scheitert Medienerziehung in der Kita, weil Geld und Technik fehlen. Da sieht sie die Träger gefordert.

Da habe ich grad Lust drauf und versuch so ganz langsam. Dinge in die Wege zu leiten. Um vielleicht da auch als Kirche, als Träger ein bisschen mehr eingreifen zu können.

Man spürt: Medienpädagogin bei der evangelischen Kirche, das passt ihr. Susanne Zeltwanger- Canz ist „angekommen“. Angefangen hat sie mal in Druckbranche.  Diese Umwege. War es Zufall?

…im eigenen Interesse und der Gesellschaft

Susanne Zeltwanger- Canz ist Medienmensch und Medienpädagogin. Medien fordern sie privat und beruflich. Und sie übt, wie lebt man gut mit Medien, bewusst und verantwortlich? Wenn man eine 3-jährige Tochter hat, Erzieherinnen in Kitas weiterbildet und sich als Christin versteht.

Das ist jetzt ja die Anforderung als Christ, dass nicht die Medien was mit mir machen, sondern ich eben entscheide, was ist für mich wichtig und wir nutze ich das. Gesellschaftliche Teilhabe gehört genauso dazu, dass ich mitmachen kann, nicht abgeschottet bin.

Medien machen heutzutage vor allem auch Bilder. Prägen unser Menschenbild. Wenn man Kinder hat, kann einem das Sorgen machen. Dass sie einen Knacks kriegen vor lauter Erwartungen. An die Schönheit, bis hinein in die Sexualität.

Wie bin ich? Darf ich mich so zeigen? Oder muss ich heutzutage alles retuschieren, damit ich mich zeigen kann? Oder was Pornographie angeht: Da werden Erwartungen hergestellt, dann wird gedacht, das muss so sein, ich muss das so machen. Man spürt innerlich: So will ich es nicht. Aber so ist es eben. Und da gibt’s jetzt schon genug, die damit Probleme haben.

Ich bin auch als Erwachsener nie ganz fertig damit: mich grundsätzlich zu mögen und zugleich frei zu sein, mich zu verändern?

Ich wäre gern mehr belastbar oder auch entspannter. Für mich ist dann das erste, einen Schritt zurückzugehen und zu sagen: ‚OK, was sind jetzt die wesentlichen Dinge, die mich glücklich machen, die mir auch Energie geben, um das dann wieder so zu akzeptieren, dass man eben so ist, wie man ist.

Für mich als Christ ist ein Schlüssel dafür, dass ich mich selbst lieben kann. Das geht, wenn man von Menschen geliebt wird. Und vertraut, von Gott bin ich auch geliebt. Ihr Weg zur Medienpädagogin ging Umwege. Aber heute kann sie sagen:

Es hat alles so sein müssen bei mir. Und hier ist jetzt „angekommen“, ja. Es kann ja nicht alles Zufall sein, dass das jetzt alles so gekommen ist.

Das ist ein Segen und ein dickes Vertrauenspolster. Susanne Zeltwanger-Canz gibt das auch Lust auf ihre Arbeit. Und wenn dann noch Erfolge kommen.

Wenn die Teilnehmer am Ende rausgehen und sagen: ‚Hey heute hab ich richtig viel erfahren, das gehen wir jetzt an.‘ Oder: wenn Kinder im Kindergarten fotografieren kommt meistens als erste Frage, ‚darf der mich fotografieren?‘ Der muss Dich vielleicht erst mal fragen, ob er Dich fotografieren darf. Damit bin ich schon im Recht am eigenen Bild.

Sie erhofft das auch von mir und Ihnen. Dass wir uns bilden in Sachen Medien. Dass wir uns interessieren für die Medienentwicklung. Kritisch werden. Auch mal das „weglegen“ trainieren. Ein Experiment zeigt, wie das wirken kann. Mit Schüler*innen bei einer Prüfung hat mal folgendes versucht.

3 Gruppen, die eine hatte ihr Handy auf dem Tisch, die andere, die andern im Rucksack und die dritte musste das Handy vor der Tür lassen. Wer hat am besten abgeschnitten? Da wo das Handy vor der Türe lag. Eine Bitte wäre schon, dass man bewusster mit den Medien umgeht. Für sich selbst und alle, die mit Kinder und Jugendlichen zu tun haben, ist es einfach: Der bewusste Umgang überträgt sich.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28252
weiterlesen...