Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Eigentlich finde ich es komisch, als Mann etwas zum internationalen Frauentag zu sagen. Der ist ja heute. Aber warum eigentlich nicht? Immer wieder höre ich: „Na ja, es ist nicht alles perfekt mit der Gleichberechtigung, aber das sind doch nur Kleinigkeiten.“ Oder auch: „Frauen verdienen weniger, ja, das ist nicht in Ordnung, aber insgesamt, ist doch alles gut.“

Es hat sich ja auch viel getan in den letzten Jahrzehnten. Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass sie nicht arbeiten gehen durfte. Sie brauchte dazu die Genehmigung ihres Ehemannes und weil der lange nicht wollte, ging eben nichts. Da hat sich vieles verändert – Gott sei Dank. Aber es geht beim Internationalen Frauentag ja auch nicht nur um Gleichberechtigung und gleiches Gehalt.

Ich muss daran denken, wie der Mann Jesus zwei Frauen besucht hat. In der Bibel wird davon berichtet. Eines Tages kam Jesus in ein Dorf. Eine Frau hat ihn und seine Freunde in ihr Haus eingeladen und damit auch zum Essen. Marta hieß diese Frau und sie fing sogleich mit dem an, was sie vermutlich besonders gut konnte: Sie hat ein Festmahl für Jesus und seine Freunde vorbereitet. Das einzige, was für sie überhaupt nicht gepasst hat, ist ihre jüngere Schwester Maria. Die hat sich nämlich zu diesem Jesus gesetzt, um zu hören, was er von Gott zu erzählen hatte. Schwer angesäuert ist Marta hingegangen und hat sich beschwert: „Ist es dir egal, dass meine Schwester mich alleine arbeiten lässt? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll!“ Jesus hat geantwortet: „Marta, Marta, du machst dir viel Mühe. Aber deine Schwester Maria hat das gute Teil erwählt; das werde ich ihr nicht wegnehmen.“

Jesus wollte damit sagen: „In der Küche zu schaffen ist wichtig. Ich sehe, was du, Marta schaffst. Aber es ist auch wichtig, was Maria macht. Beides ist wichtig.“

Mich beindruckt die Wertschätzung Jesus für beide Frauen: Die fleißige Marta aus der Küche kann nicht aus ihrer Haut. Aber das muss sie auch nicht. Und ihre Schwester Marias möchte ihr Leben anders gestalten. Auch wenn das damals eine typische „Männersache“ war, darf sie das laut Jesus.

Damit durchbricht er feste Regeln, die es damals in seiner Gesellschaft gab. Ihm geht es um die Menschen und nicht darum, „was Mann oder Frau zu tun hat - und was nicht“.

Recht hat er. Auch ich habe immer wieder in diese alten Rollenbilder im Kopf, meine, genau zu wissen, was zu ihr oder ihm passt oder was gar nicht geht. Das ist sehr schade und viele Menschen leiden darunter, wenn sie Dinge nicht dürfen oder andere müssen. Daher brauchen wir diesen Frauentag und vielleicht brauchen wir auch einen Männertag.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28250
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