SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Warum beten Männer weniger als Frauen? Statistisch ist das so. Oder ich drücke es mal vorsichtiger aus: Warum sagen -bei Umfragen- weniger Männer als Frauen, dass sie beten? Denn es könnte ja immerhin sein, dass Männer zwar beten, es aber nicht sagen. Aber nehmen wir mal an: Männer beten wirklich weniger. Woran mag das liegen?

Ein Grund vielleicht, dass beten nicht so zu einem Mann passt, der im Leben steht? So etwa: ‚Männer beten nicht, Männer machen.‘

Dabei glaube ich, ist das keine Alternative. Ich finde, beten und machen gehören zusammen. Wie zwei Seiten einer Medaille, auch bei uns Männern. Dietrich Bonhoeffer, der Christ und Widerstandskämpfer hat das mal für mich treffend ausgedrückt:

Christsein, hat er gemeint, und ich meine auch, Mannsein besteht in zweierlei: Im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen.

Beten und tun. Beide sollen zusammenfinden wie denken und reden. Beten, damit ich auch das Richtige mache. Was gut ist. Beim Beten gehe ich vor dem Machen noch mal in mich. Für wen, mache ich was. Für mich oder habe ich auch die anderen im Blick? Was ich mache möchte ich auch verantworten können. Dies zu klären, dazu kann beten helfen. Und das ist männlich.

Ein zweiter Grund, warum Männer weniger beten als Frauen, könnte sein. Dass Männer weniger Übung damit haben. Wie ich das mal im Krankenhaus gehört hab: „Ich würde jetzt schon gern beten“, sagte einer, der schwer krank geworden war. „Aber ich habe es schon so lange nicht mehr gemacht. Da kann ich doch Gott nicht kommen, bloß weil es mir jetzt schlecht geht.“

Ich bin sicher, Gott „hört“ auch, wenn ungeübt gebetet wird. Wenn es holpert und stottert. In der Bibel steht, schon ein verzweifeltes „Ach“ ist gebetet. Das kann jeder und das machen auch wir Männer wahrscheinlich öfter als uns bewusst ist. Und ich glaube, dass Gott auch nicht rumschmollt, wenn man sich auf einmal an ihn erinnert und daran, dass man dringend jemanden brauchen könnte.

Ein weiterer Grund, dass Männer nicht beten, ist sicher auch: Sie glauben nicht an Gott. Aber vielleicht kann man sogar dann beten. Jedenfalls, wenn man ihn vermisst. Das geht ja vielen so: Man kann nicht an Gott glauben, aber man vermisst ihn. Und zu jemandem, den man vermisst, kann man reden. Auch beten. Beten ist beides: Ich geh in mich, ich spüre meine Kraft, aber auch meine Wunden.

So ein Gebet vor Gott, der mir fehlt, kann schon sein, wenn man einfach still ist und zu sich kommt. Und dann so was ausdrückt wie: „Gott fehlt mir. Es wäre gut, mal wieder von ihm zu hören.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28217
weiterlesen...