SWR1 Begegnungen

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Annette Bassler trifft Werner Eckert, Journalist, Redaktionsleiter „Umwelt und Ernährung“
 
Er kann hochkomplizierte Dinge wunderbar einfach erklären. Und das tut der 59 jährige schon sein ganzes Leben. Als Journalist für Umwelt- und Ernährungsfragen. Und weil er für die ARD von den Weltklimakonferenzen berichtet, war er dieses Jahr auch in Kattowice. Dort ging es um wirksame Beschlüsse gegen den menschengemachten Klimawandel. Wie ist das mit denen, die den Klimawandel insgesamt leugnen?

Das hat sich wirklich jetzt erledigt, da gibt es keinen Zweifel mehr und selbst wenn, sagt jeder denkende Wissenschaftler: wir wissen so viel, dass wir handeln müssen.

Handeln. Aber wie muss man sich das vorstellen?

Man kann sich das vorstellen als eine Mischung aus Uniseminar, einer Vereinssitzung nur in riesig und einer großen Ausstellung. Die Staaten haben Stände. Es ist eine Tauschbörse für Informationen, auch ein universitäres Ding fast, weil es sehr viele Seminare gibt. Also wenn man sieht, dass zu so ´ner Klimakonferenz so zwanzigtausend Menschen sicherlich im Laufe  der Zeit mal kommen, dann sind einige Hundert davon wirklich direkt in die Verhandlungen involviert. Das ist nicht so, dass das nur Klimaverhandlungen wären, es ist der Klimabasar.

Ein Basar, auf dem verhandelt und gefeilscht wird. Und das dauert. Viel zu lange schon, sagen viele. Machen solche Konferenzen überhaupt noch Sinn? Wenn Werner Eckert davon erzählt, empfindet er fast sowas wie Ehrfurcht.

Weil die Klimakonferenzen international schon dazu geführt haben, dass in vielen Nationen Prozesse angestoßen worden sind. Das dauert alles zu lang und das ist zäh, aber es ist ein Riesending, dass die Weltgemeinschaft mit fast 200 Staaten sich jedes Jahr trifft, um ein globales Problem wirklich auch anzugehen. Das gibt es für kein anderes Thema, das gibt es nur für Klimawandel.

Und noch etwas gibt er mir zu bedenken:

Das Problem ist, dass das gleichzeitig ja auch der größte Umbau der Weltwirtschaft ist, der jemals geplant von statten gegangen ist. Man hat Zusammenbrüche gehabt auf Weltebene, aber einen geplanten Umbau in diesem Maßstab hat es noch nie gegeben.

Als Kommunikationswissenschaftler erinnert sich Werner Eckert immer wieder an ein Grundgesetz: menschliches Verhalten zu ändern dauert, dauert lange. Und weil das so ist, darf man nicht so schnell aufgeben. Braucht einen langen Atem. Ich kann ihm da nur recht geben. Wie lange hat es bei mir persönlich gedauert, weniger Plastikmüll zu produzieren. Umso komplizierter ist das bei Staaten.

Und das ist so gigantisch und dabei gibt es so viel zu gewinnen und zu verlieren im wahren ökonomischen Sinne, dass die Staaten das halt sehr fein austarieren wollen immer aus Angst, dass sie selbst auf der Strecke bleiben könnten.

Was also könnte diesen Prozess voranbringen?

Teil 2

Werner Eckert hat sich schon immer mit Fragen der Umwelt und der Ernährung beschäftigt. Schließlich ist er auf einem Bauernhof groß geworden und kennt Landwirtschaft von der Pike auf. Für seine Arbeit als Journalist hat er einiges mitnehmen können.

Ich glaube, ein Blick über die Dinge drüber, ein Bauer muss eben technisch, biologisch, ökonomisch denken, damit das funktioniert. Das ist nie optimal gelaufen auf dem Hof, aber im Grundsatz ist das vorhanden, dass man in mehreren Kategorien denkt, so wie Nachhaltigkeit mehrere Kategorien hat.

Viele leben derzeit nachhaltiger. Steigen auf erneuerbare Energien um, essen weniger Fleisch, nutzen öffentlichen Nahverkehr, vermeiden Flugreisen. Oder demonstrieren für Klimaziele, wie das derzeit viele Schülerinnen und Schüler tun.

also wenn ich sowas sehe, dann finde ich das großartig, dass Menschen konsequent sind, dass sie sich selbst anstrengen, ist unglaublich wichtig. Aber ich hab auch zu oft gesehen, dass diese Wellen kommen und gehen. Wenn das nicht irgendwo politisch festgetackert wird, dann ist das immer von verbleichendem Charme.

Verbleichender Charme- den sehe ich auch bei den vielen kirchlichen Bemühungen um die Bewahrung der Schöpfung. So haben die Kirchen in einer gemeinsamen Erklärung schon 1990 bekräftigt: „Das Land gehört Gott. …Der Mensch soll Boden und Gewässer so nutzen, dass die Erde regelmäßig ihre lebensspendende Kraft wiederherstellen kann... Wir, die Kirchen, werden jeder Politik widerstehen, die Land als bloße Ware behandelt.“ (1) Warum hatte das keine durchschlagende Kraft? Werner Eckert meint: nur Forderungen, die in praktische politische Beschlüsse und Gesetze umgesetzt werden, sind nachhaltig. Dazu aber müssten Politiker Beschlüsse und Gesetze erlassen. Und sie müssten erklären, was das für uns alle bedeutet.

Dann, finde ich, müsste man das unaufgeregt auch aussprechen, den Leuten reinen Wein einschenken und auch aushalten, dass es einen irrsinnigen Aufschrei geben wird. Das geht nämlich an die Emotionen. Und meine große Hoffnung ist, dass trotzdem die Gesellschaft als Ganzes das hinkriegt.

Ich bewundere die klare, nüchterne Sicht von Werner Eckert. Merke aber zugleich, dass ich nicht aufhören möchte, an Wunder zu glauben. Die hat es ja auch gegeben. Unerwartete Entwicklungen, Wendepunkte, die sich niemand wirklich erklären konnte. Ich will an den Gott glauben, der denen hilft, die sich um seine Schöpfung mühen. Und wenn alles zu spät ist? Trotzdem ein Apfelbäumchen pflanzen? Werner Eckert, gut katholisch erzogen, ist dabei.

Pflanzen ist mir aus der Kindheit heraus sehr bekannt, wir haben sehr viel gepflanzt, ich würde auch nicht aufhören zu pflanzen. Die Welt als biotisches System überlebt sowieso.  Es gibt eigentlich nur die Möglichkeit, so gut es geht an den Problemen zu arbeiten und sich immer im Klaren zu sein: es wird nicht optimal laufen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28131
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