SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ich bin katholisch. Und ich bin das gerne und aus Überzeugung. Aber es ist mir nicht so wichtig. Es ist mir nicht so wichtig, weil es eine zweitrangige Angelegenheit ist, zu welcher Konfession ich gehöre. Es hat bei mir damit zu tun, dass die Familie meiner Mutter katholisch war und meine Oma immer in die Kirche ging.

Viel wichtiger ist für mich, dass ich überhaupt an Gott glaube, und dass ich immer und immer wieder prüfe, ob ich so lebe, wie es Gott gefällt. Ob ich ein guter Christ bin und mich daran orientiere, wie Jesus gelebt hat. Ob ich meinen Nächsten wirklich und genügend liebe beispielsweise. Das ist im Übrigen auch viel schwieriger, als bloß zu sagen: „Ich bin katholisch.“ Oder: „Ich bin evangelisch.“

Leider ist die Christenheit gespalten. In viele Glaubensrichtungen und Kirchen. In Deutschland zeigt sich die Trennung zwischen evangelisch und katholisch in vielen Bereichen sehr deutlich: Kinder besuchen den einen oder den anderen Religionsunterricht. Sie gehen zur Ersten Heiligen Kommunion oder sie werden konfirmiert. Und auch wenn wir hier im Radio bei unseren kirchlichen Beiträgen nach Möglichkeit das Konfessionelle außen vor lassen: Man hört manchmal, ob einer katholisch oder evangelisch ist, und wir sagen am Ende auch immer, zu welcher Kirche wir gehören.

Schade, dass das so ist, so selbstverständlich fast. Es ist schade, weil es dem schadet, was wir zu verkünden haben: den Glauben an einen Gott, dem dieses Schubladendenken ein Gräuel ist, diese von Menschen gemachten Unterscheidungen, die von IHM ablenken. Christen müssten alles in ihrer Macht stehende tun, um die Spaltung zu überwinden, weil alles andere ihren Glauben schwächt. Jesus formuliert das mehr als deutlich: Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns eins sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.[1] 

Heute Abend feiern Christen unterschiedlicher Konfessionen mancherorts gemeinsam einen Gottesdienst. Im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christen, die morgen endet. Sie erinnern daran, dass es wichtigeres gibt als die Konfession, die man nun mal hat. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen: Wenn wir nicht endlich gemeinsame Sache machen und uns miteinander für das einsetzen, was Christen wichtig ist, machen wir uns in Zukunft überflüssig. Das genau aber sind wir nicht. Unsere Welt braucht Menschen, die sich für andere engagieren, die den Mund aufmachen, wo es ungerecht zugeht, die Einsame besuchen und Schwächere stützen. Und die genau auf diese Weise den Glauben an den barmherzigen Gott verkünden, von dem Jesus gesprochen hat.

 

Thomas Steiger aus Tübingen von der Katholischen Kirche.

 



[1] Joh 17,21

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27948
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