SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Wir lieben sie und erzählen sie. Die Geschichten von Schwangerschaft und Geburt. Immer wieder geben wir sie zum Besten.

Die Weihnachtsgeschichten der Bibel tun es genauso.

In den Gottesdiensten heute wird vorgelesen, wie die beiden schwangeren Frauen Elisabeth und Maria aufeinandertreffen. Johannes und Jesus werden sie ihre Kinder später nennen.

Bei den  Schwangerschaften der beiden Frauen läuft nicht alles nach Plan.

Elisabeth ist hochbetagt und zunächst kinderlos. Obwohl sie mit einem Priester verheiratet ist, sind ihr in der antiken patriarchalen Gesellschaft als unfruchtbare Frau Demütigungen jeglicher Art sicher.

Die Hoffnung auf ein Kind hat sie ihr Leben lang nie aufgegeben. Dann wird sie im hohen Alter doch noch schwanger. Eine Problemschwangerschaft würde man heute wohl sagen. Sicherlich ist sie von Neuem dem Gerede der Leute ausgesetzt. Lange braucht sie um allen Erniedrigungen zum Trotz ihre unerwartete Schwangerschaft zu akzeptieren.

Und Maria ? Alles spricht gegen sie. Ein junges Mädchen, vielleicht gerade mal 14 Jahre alt, wird unehelich schwanger. Nach jüdischem Recht hätte sie gesteinigt werden können. Doch tiefgläubig vertraut sie darauf, dass Gott mir ihr ist. Unsicher und verwirrt sucht sie Unterstützung und Ermutigung bei der alten und lebenserfahrenen Elisabeth.

So nimmt sie einen mühsamen und nicht gerade ungefährlichen Weg auf sich. Quer durch das judäische Bergland. Das ist kein Spaziergang für ein junges Mädchen. Im 3. Monat.

Anrührend erzählt die Bibel wie Elisabeth bei der Begrüssung das freudige Bewegen des Kindes in ihrem Leib deutet. Für sie ist es ein Zeichen, dass wohl das Kind das Maria in sich trägt ein göttliches Kind sein muss. Und Maria selbst stimmt voller Freude über ihr Kind ein Loblied an.

Als erwachsene Männer werden Johannes der Täufer und Jesus Jahrzehnte später wieder aufeinandertreffen. In einem sind sie sich ganz einig. Alles muss sich ändern, damit Gott ankommen kann in der Welt und bei den Menschen.

Johannes hat es zunächst mit allen Mitteln versucht auf Gott hinzuweisen.  Er gibt Anweisungen. Erteilt Mahnungen. Macht Vorwürfe. Er droht mit düsteren Schreckensbildern. Spricht Verwünschungen aus. In den Jordan letztendlich, so seine Botschaft,  müsse man eintauchen und sich buchstäblich gründlich von ihm den Kopf waschen lassen.

Doch dieser Johannes kommt mit seiner Schreckenspredigt  nicht weiter. Er braucht Jesus. Er kann nur auf einen verweisen, der nach ihm kommen wird. Und der so ganz anders als er auftreten wird.

MUSIK

Johannes der Täufer. Wegbereiter Jesu wird er genannt. In den katholischen Gottesdiensten heute erzählt die Bibel ergreifend schön wie seine hochschwangere Mutter Elisabeth seine Bewegung und Freude im Leib spürt, als sie von der ebenfalls schwangeren Maria besucht wird. Um diese beiden Frauen und ihre Söhne geht es heute in den Sonntagsgedanken.

Wir schreiben das Jahr 1741. Der Komponist Georg Friedrich Händel steht am Tiefpunkt seiner Karriere. Am Ende aller Hoffnungen. Seine Musik ist aus der Mode gekommen. Schulden, leere Konzertsäle und abgesagte Veranstaltungen machen ihm zu schaffen. Apathisch und lustlos und vom Schlaganfall gezeichnet sitzt er in London.

Da gibt ihm ein Freund ein scheinbar langweiliges Sammelsurium von Bibelzitaten. Was da steht treibt ihn in schöpferischen Wahnsinn. 3 Wochen lang. Und dann ist eines der  populärsten Werk der Musikgeschichte vollendet: Sein Messias.

Tröste dich mein Volk, spricht dein Gott !  Vernehmt die Stimme Johannes des Täufers in der Wüste. Bereitet unserem Gott den Weg.

Händel ist wie elektrisiert. Das ist mir gesagt !  sagt er sich und macht sich wie im Rausch an die Arbeit und beginnt die Worte vom Trost und von Johannes dem Täufer zu vertonen.

Es sind Worte die Händel selbst zum Trost werden. Aus tiefer Depression steht er auf. Wie neu geboren fühlt er sich.

Gott kommt dort an wo wir ihn nicht erwarten. Weihnachten steht dafür. Das Kind im Stall, das uns bald landauf landab in Krippen anlächeln wird, stellt alles auf den Kopf was wir uns Menschen von Gott denken.

Klein. Armselig. Hilflos. Auf Heu und auf Stroh. Bei einfachen Leuten. Die ganz unten sind. Am Ende. Dort ist er anzutreffen. Vor allem dort.

Jesu Leben steht dafür. Er wird nicht müde Geschichten zu erzählen für Menschen, die nur noch etwas von Gott erwarten. Geschichten, die wie ein Angebot sind sich Gott anzuvertrauen, der den Verlorenen und Schwachen nachgeht. Geschichten von Gott, der wie ein Arzt Menschen sieht und heilt. Das eine verlorene Schaf ist ihm immer wichtiger als die neunundneunzig anderen. Die kleinen Leute von damals verstehen das und laufen ihm nach.

Ich besuche einen Mann, der im Sterben liegt. Es ist Advent. Hochbetagt und hellwach ist er. Sein Zimmer ist mit Kerzen erleuchtet. Ich bestaune seine Bilder, die er selbst gemalt hat. Wunderschön und im Schein der Kerzen wirken sie geheimnisvoll.

Wir sprechen mit einander, beten und singen sein Lieblingsadventslied: Macht hoch die Tür die Tor macht weit. Es kommt der Herr der Herrlichkeit. 

Da holt er unter seiner Bettdecke ein Bild hervor. Selbst gemalt hat er es. Vor Jahren schon. Das will er mir schenken.

Er hat kurzerhand die Geburt Jesu in einen Grubenstollen gemalt. Düster ist das Bild. Mit einer Ausnahme. Vom Kind und seiner Mutter geht ganz viel Licht aus. Josef, die Hirten und all die Tiere können sich dem nicht entziehen. Ganz nah stehen sie beisammen. Beim Kind. Im Licht. Mitten im Dunkel des Stollens.

Schwer sei es gewesen, das zu malen. Licht und Dunkel.

So sei auch sein Leben gewesen. Dunkelheit ist ihm nicht fremd. Doch das Licht war immer stärker. Sagt er. Sein Vertrauen in Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27865
weiterlesen...