Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Du darfst Dir nicht immer alles so zu Herzen nehmen!“ Das ist ein Rat, den ich schon oft bekommen habe. Und er ist fürsorglich gemeint. Wer das sagt, möchte mich bewahren vor allzu viel Mitgefühl. Weil es mich traurig machen könnte. 

Aber ich will das nicht: mein Herz verschließen. Das, was in der Welt geschieht, die großen Sorgen der Menschheit und die kleinen der Menschen – beides beschäftigt mich. Ich denke, dass geht den meisten so. Auch sie wollen offen sein für das, was geschieht. Das merkt man besonders jetzt in der Vorweihnachtszeit. Viele Menschen spenden jetzt um dort zu helfen, wo große Not ist.  Sie wollen sich anrühren lassen von der Freude, aber auch dem Leid, das sie umgibt. Das finde ich toll.

Aber manchmal wünschte ich wirklich, dass mein Herz stärker wäre. So, wie es in der Bibel heißt: „Es ist ein köstlich Ding, wenn das Herz fest wird, welches geschieht durch Gnade.“

Ja genau, das möchte ich: ein festes – ein gefasstes Herz. In der biblischen, orientalischen Tradition ist das Herz nicht allein der Ort für die Gefühle. Ganz im Gegenteil. Das Herz ist vielmehr der Sitz von Verstand und  Vernunft. Wer um ein festes Herz bittet, bittet damit auch um einen klaren Verstand.

Ich verstehe das so: Herz und Verstand müssen gar keine Gegensätze sein. Das finde ich gut. Ich will mir auch weiter vieles zu Herzen nehmen, weil ich offen bleiben will für das was geschieht. Für mich bedeutet das eben nicht,  in Mitleid zu zerfließen. Es bedeutet einen klaren Verstand zu haben, der hilft, die Dinge richtig zu beurteilen und zu guten Entscheidungen zu kommen. Nicht wegzuschauen, auch dann nicht, wenn mich traurig machen könnte, was ich sehe.

Ich glaube: So ein festes Herz zu haben,  das ist wirklich eine Gnade.   

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27712
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