Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Da sehe ich schwarz!“ Wer das sagt hat keine Hoffnung mehr. Er malt die Zukunft düster und traurig. Schwarz ist auch die Farbe der Trauer. Auf Beerdigungen tragen Menschen traditionell schwarze Kleidung und ein schwarzes Band zeigt als Trauerflor an, wenn ein Angehöriger verstorben ist. Das sieht man sogar manchmal bei Fußballspielen. Wenn jemand gestorben ist, der für die Mannschaft wichtig war, tragen die Spieler schwarzen Binden am Arm.

Dabei ist Schwarz ja eigentlich gar keine echte Farbe. Schwarz ist es, wenn da gar keine Farbe mehr ist. Oder alle auf einmal – aber keine mehr unterscheidbar. Wo es schwarz ist, da ist auch kein Licht mehr. Da ist es dunkel. Stockfinster. Nacht.

Aber wenn ich ehrlich bin: ich mag die Nacht ganz gerne. Die Ruhe und Stille. Der Wald steht schwarz und schweiget – so heißt es in meinem Lieblingsabendlied. Das finde ich schön. Ich glaube die Nacht ist eine notwendige Ruhepause. Wie ein Atemholen. Und ein kluger Mensch hat einmal gesagt: Wer wissen will, wie das Licht ist, der muss ins Dunkle gehen. Es braucht den Kontrast um das Helle wirklich sehen zu können. Es hilft auf jeden Fall. Eine Kerze strahlt viel heller in einem dunklen Raum.

In zwei Wochen feiern viele Menschen die Heiligenacht. Mitten in der Nacht – da wo es stockfinster ist – kommt Gott auf die Welt. Er sucht sich dafür noch dazu ein ganz schön dunkles Fleckchen aus. Einen Stall – eine ärmliche Unterkunft. Gott kommt zu den Menschen, wenn es dunkel ist. So verstehe ich diese alte Geschichte. Gott kommt, wenn Menschen keine Hoffnung mehr haben. Wenn sie traurig sind. Wenn sie schwarzsehen. In dieses Schwarze hinein kommt Gott und zündet ein Licht an. Er schenkt einen Funken Hoffnung. Ein Kind wird geboren. Und die, die davon erfahren, freuen sich. Sie spüren: Das Leben geht weiter. Sie erfahren: Da ist Liebe in der Welt. Und Gott – hier bei uns. Und das erhellt ihre Nacht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27707
weiterlesen...