Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es mag ja für manchen naiv klingen: Aber ich hab in den letzten Wochen ein klein wenig was verändert in meinem Alltag. Ich hab Menschen, die eine andere Hautfarbe haben oder eine andere Sprache sprechen, ein klein bisschen anders behandelt. Noch freundlicher. Ich hab ihnen zugelächelt. Ich hab mich im Bus neben sie gesetzt. Oder ihnen an der Haltestelle erklärt, welche Linie sie nehmen müssen Richtung Innenstadt. In mir ist einfach das Bedürfnis: Ich will den vielen Menschen mit so genannter Migrationsgeschichte, die mir jeden Tag begegnen, zeigen: Ihr müsst hier bei uns keine Angst haben. Dies ist ein Land, in dem es freundlich und vielfältig zugeht. Seit den Ereignissen in Chemnitz und den Diskussionen um Rassismus ist mir das besonders wichtig.

Lächeln gegen den Rassismus: Das klingt vielleicht naiv. Aber andererseits: Ich muss jetzt auch immer mal wieder an die Zeit vor achtzig Jahren denken. Als man in Deutschland auch Menschen auf den Straßen gejagt hat. Im November ist die Reichspogromnacht achtzig Jahre her. Damals hat es ja auch nicht damit angefangen, dass man Gebäude in Brand gesteckt hat. Es hat damit angefangen, dass man die Straßenseite gewechselt hat, wenn einem Juden entgegengekommen sind. Dass man Menschen ignoriert hat. Ihnen auf keinen Fall ein Lächeln geschenkt hat. Es fängt ja oft mit solchen Kleinigkeiten an.

Und ich denke mir: Vielleicht lässt sich auch mit solchen kleinen Gesten gegensteuern. Ich frag mich, wie sich Migranten und Deutsche mit Migrationsgeschichte fühlen in diesen Wochen, wenn sie in den Nachrichten hören, dass man sie jagt. Oder dass gebrüllt wird: Ihr seid hier nicht willkommen. Ich will ihnen zeigen: Die Mehrheit denkt anders. Wir sind mehr.

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