SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Jugend-Glaube-Religion“. So heißt eine Studie, die gerade erschienen ist. Zwei Forscher aus Tübingen haben 7000 Jugendliche aus Baden-Württemberg befragt. Dabei ist herausgekommen: Mehr als die Hälfte der Jugendlichen glaubt an Gott. Und sogar drei Viertel der Jugendlichen beten gelegentlich oder häufig. Das heißt: Viele Jugendliche beten, obwohl sie selbst sagen, dass sie nicht an Gott glauben. Sie wenden sich stattdessen einfach an eine höhere Macht. Die Forscher zeigen: Die meisten Jugendlichen beten, viele fühlen sich dabei aber unabhängig von einer bestimmten Religion oder Kirche. 

Junge Menschen wollen offentsichtlich frei sein, in der Art wie sie leben und glauben. Über viele Jahrhunderte haben die Eltern, der Staat oder die Kirche hier bestimmt, wo es lang geht. Endlich ist das anders. Wahrscheinlich sind die Jugendlichen noch nie so frei gewesen wie jetzt. Sie können auswählen und bilden sich ihre eigene Meinung. Und sie schauen, was die verschiedenen Religionen ihnen anbieten. 

Bei den Jugendlichen sind alle willkommen, die ihnen helfen, ihre Fragen zu Gott und dem Sinn des Lebens zu beantworten. Darum wünschen sie sich auch eine Kirche, die nah dran ist, wenn es um ihre Fragen geht. Eine Kirche, die keine Regeln vorschreibt, sondern zuhört und mit ihnen diskutiert. 

Hoffentlich nimmt sich die Kirche die Studie zu Herzen. Denn ich finde es schade, wenn Jugendliche sagen: beten ja, aber an Gott glauben kann ich nicht. Da entgeht ihnen was. Nämlich die frohe und entlastende Botschaft von Gott, der jeden Menschen liebt – egal er ob jung oder alt ist, egal wie viel er leistet. Wie oft hören junge Menschen, was Eltern oder Lehrer alles von ihnen erwarten: Sie sollen sich anstrengen, viel leisten, am besten immer erfolgreich sein. Gott ist anders: Bei ihm können wir so sein wie wir sind. 

Für mich zeigt die Studie aus Tübingen: Jugendliche haben ihren eigenen Stil, wenn sie nach Gott fragen, beten oder zweifeln. Sie wünschen sich Erwachsene, die sich dabei auf ihre Sicht einlassen. Erwachsene, die sich trauen, von dem zu erzählen, was sie von Gott verstanden haben. Was ihrem Leben Sinn gibt. Und ich bin mir sicher: beide Seiten können viel voneinander lernen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26936
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