SWR4 Feiertagsgedanken

SWR4 Feiertagsgedanken

Ihr haben wir den freien Tag heute zu verdanken. Der frommen Nonne Juliana von Lüttich. Acht Jahrhunderte liegt es jetzt schon zurück.

Die hatte eine Vision.  Eine unvollständige Mondscheibe, aus der ein Stück herausgebrochen war. Christus selbst, so die fromme Frau, habe ihr in diesem Bild gesagt, dass dem Kirchenjahr ein Fest fehle, an dem die Eucharistie  besonders verehrt werden solle.

Selbstbewusst erzählt sie ihrem Bischof von der seltsamen Mondscheibe und der ordnet umgehend an, das Fronleichnamsfest in den Festkalender des Kirchenjahres aufzunehmen.

Bis heute feiern katholische Christen Fronleichnam. Das Brot der Eucharistie wird vom Pfarrer in einem goldenen Gefäß, das Monstranz heißt,  aus der Kirche getragen.

In festlichen Gewändern. Unter einem Tragehimmel. Begleitet von den Kommunionkindern. Ministranten. Chören und Musikkapellen.

Das Brot wird gezeigt auf Straßen und auf Plätzen. Und die sind geschmückt mit Fahnen und bunten Teppichen aus Blumen. So richtig feierlich geht es zu.  

Ein Fest aus dem Mittelalter. Unser Fronleichnamstag.

Szenenwechsel.

Alles ist vorbereitet. Ein weißes Tischtuch. Zwei Kerzen. Blumen. Ein Kreuz. Eine Schale mit Weihwasser. Ich bringe einmal im Monat einem Mann, der im Rollstuhl sitzt die Kommunion. Seine Frau ist dabei. Hält seine Hand. Und sein ganzer Stolz daneben: sein Enkelkind. Er freut sich. Ist so dankbar. Wir sitzen am Küchentisch. Beten. Singen und schweigen miteinander. Auch wenn es mit dem Sprechen seit dem Schlaganfall nicht mehr so recht geht, beim Singen klappt es umso besser. Und wie groß ist das Vertrauen, dass er und seine Frau in das kleine Stückchen Brot setzen.   

Ich breche es in der Mitte durch und lege es geteilt in die offenen Hände der beiden. Es entfaltet seine Kraft bei den zwei am Küchentisch, der für sie zum Altar geworden ist.

Brot. Geteilt für ein Ehepaar, dass zusammenhält.

Nach unserem kleinen Gottesdienst bleibe ich noch ein wenig. Ich bekomme noch einen Kaffee und ein Stück Kuchen.

Wir feiern Kommunion. Zu deutsch: Gemeinschaft. Mit Gott und untereinander.

Krankenkommunion. Einmal im Monat. Fronleichnam. Einmal im Jahr.

 

M u s i k

 

Wir Menschen sind miteinander verbunden. Ohne Schranken. Ohne Abstand. Ohne Vorwurf. Das ist Vision Jesu.

Ausschluss von irgendjemandem. Das ist ihm fremd. Sein Mahl. Seine Tischgemeinschaft. Gerade nicht die Versammlung der Erwählten, der Perfekten, der Supermoralisten und Vollkommenen. Einer solchen Prozession kann ich mich guten Gewissens anschließen. Doch es drängen sich mir Fragen auf.

Es ist absurd. Jesus feiert das Abendmahl als Zeichen seiner tiefen Verbundenheit mit seinen Freunden und mit Gott. Dass sie eins sind und solidarisch verbunden bleiben ist sein Herzensanliegen. Das eine Brot, dass er an alle verteilt soll sie daran erinnern. Sie sollen es immer wieder tun zu seinem Gedächtnis. Warum steht denn dann noch immer Altar gegen Altar ? Warum teilen christliche Kirchen noch immer nicht gemeinsam dieses Brot von Jesus ?

Warum dieses hin und her unter katholischen Bischöfen, wenn es darum geht, wer zur Kommunion gehen darf und wer nicht ? Das Lebensbrot gehört doch nicht ihnen. 

Nie standen wir Menschen einander so nah. So wie an einem Tisch einander gegenüber wie heute. Global verbunden und vernetzt. Wir sitzen miteinander an einem Tisch. Der Eine macht den Gewinn, der Andere hat das Nachsehen. Der Eine ist der Gläubiger, der Andere versinkt in Schulden. Jesu Tischgemeinschaft soll prophetisches Zeichen sein, für eine Menschheit, deren Geschichte Zukunft haben soll. Und die hat sie, wenn sie teilt und solidarisch zusammenhält.

In einer Kirche in Krefeld befindet sich an der Rückwand ein modernes Abendmahl.

Auf einem großen Plakat sieht man ein kaltes Büfett mit festlich gekleideten und wohlgenährten Männern, die sich bedienen und es sich offensichtlich auch schmecken lassen. Vor dem Foto an der Kirchenwand steht real im Raum ein einfacher Holztisch mit Papptellern, alle gefüllt mit Steinen.  An jedem Teller steht eine Karte mit den Namen der ärmsten Länder der Erde. Bei jeder Eucharistiefeier hat man dort also den Altar vor sich und dieses Abendmahl im Rücken.

Die Aussage ist klar. Wer Eucharistie, das Mahl mit Jesus feiert macht sich bewusst wo er steht. Er bedenkt sein Tun und Lassen, angesichts des geteilten Brotes Jesu. Die Zerrissenheit wird uns bewusst, nicht nur als konfessionelle Spaltung, nein auch die soziale Kluft von arm und reich. Eine gefährliche und befreiende Erinnerung ist das wenn wir tun was Jesus uns hinterlassen hat.

Fronleichnam. Darum lasst uns tief verehren, ein so großes Sakrament, singen alle die heute hinter dem Brot laufen. Wenn wir Eucharistie feiern und Jesu Brot verehren und teilen, tun wir was Jesus uns aufgetragen hat. Wir verpflichten uns zu Brot füreinander zu werden, da zu sein für unsere Mitmenschen. Ganz nah und in der weiten Welt. Am Küchentisch und am Welttisch. Alles andere wäre eine Perversion des großen Sakraments.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Festtag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26601
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