Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Politisch korrekte Sprache. – Damit konnte ich nie besonders viel anfangen. Ich fand es umständlich, immer die männliche und die weibliche Form zu nennen. Das Wort „Mohrenkopf“ lag mir näher als „Schaumkuss“. Ich fand es seltsam als die „Eskimos“ plötzlich „Inuit“ hießen, und lächerlich als aus „schwer erziehbaren“ Kindern „verhaltensoriginelle“ Kinder wurden.

Deshalb war ich auch nicht traurig als die politisch korrekte Sprache vor einiger Zeit in die Kritik geraten ist. „Man muss sagen dürfen, was ist, und die Dinge beim Namen nennen“, haben Viele gesagt. Gut so, habe ich gedacht, damals.

Inzwischen denke ich anders. Denn ich beobachte: Mit der Sprache ist in letzter Zeit etwas passiert. Viele Menschen halten sich an gar keine sprachlichen Regeln mehr. Da werden junge muslimische Frauen abfällig als „Kopftuchmädchen“ bezeichnet. Politische Gegner werden „gejagt“ und „erlegt“. Oder es ist von „Volksverrätern“, „Lügenpresse“ und „Überfremdung“ die Rede – alles Wörter, die auch die Nazis gebraucht haben.

Worte sind wie Schall und Rauch? Ganz und gar nicht. In der Bibel heißt es: „Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert“ (Sprüche 12,18). Worte können verletzen wie eine Waffe. Jeder hat das schon einmal im Streit erfahren. Und manche Worte treffen so tief, dass die Wunden lange nicht verheilen. Worte können Beziehungen kaputt machen und Vertrauen zerstören. Deshalb sollte man vorsichtig mit ihnen umgehen. In der persönlichen Begegnung mit anderen Menschen, in den Sozialen Medien und erst recht in der Politik.

Eine respektvolle Sprache ist die Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben. In einem Buch über gute Manieren steht: Die Manieren sind „entwickelt worden, um die scharfen Kanten der [grundsätzlichen] Feindseligkeit zwischen [allen] Menschen ein klein wenig abzuschleifen, damit nicht gleich bei jedem Zusammenstoß Blut fließt“ (Asfa Wossen Asserate, Manieren, 74). Zu diesen guten Manieren zählt auch der achtsame Umgang mit der Sprache.

Die Idee der politisch korrekten Sprache ist in den 80er Jahren in Amerika entstanden. Angehörige von Minderheiten sollten nicht mehr durch Sprache diskriminiert und verletzt werden. Dabei ist man vielleicht an manchen Stellen über das Ziel hinausgeschossen. Aber am Anliegen der politische korrekten Sprache muss man festhalten, finde ich: Sprache darf nicht verletzen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26540
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