SWR4 Abendgedanken

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Kommenden Sonntag ist Pfingsten. Christen feiern an diesem Tag, dass Gott der Menschheit seinen Geist gegeben hat. Seinen heiligen Geist. Der viel Gutes bewirken kann, wenn man ihm vertraut. Dem Heiligen Geist werden seit jeher besondere Eigenschaften zugeschrieben. Sie sind höchst nützlich, finde ich, und haben an Aktualität nichts eingebüßt. Unsere Welt braucht sie dringender denn je. In einem Gebet aus dem 13. Jahrhundert, der Pfingstsequenz, werden sie im einzelnen aufgezählt. Ich habe mir überlegt, wie sie wirken und wo sie heutzutage gebraucht werden.

Die Pfingstsequenz beginnt so:

Komm herab, o Heilger Geist, der die finstre Nacht zerreißt.[1]

Immer mehr Menschen werden von dem schier erdrückt, was die moderne Welt von ihnen verlangt: schnell sein, immer parat, viel Leistung zu bringen. Manche können auf einmal nicht mehr, fallen in ein tiefes dunkles Loch, werden depressiv. Zu Pfingsten bitte ich darum, dass Gottes Geist den Kreislauf ihrer Überforderung zerreißt und Licht auf ihr Leben fallen lässt.

Weiter heißt es in dem alten Gebet: Komm, der alle Armen liebt.

Deutschland ist ein reiches Land. Trotzdem gibt es viel Armut. Familien, die nicht über die Runden kommen. Senioren, die ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können. Gottes Geist verspricht ihnen, dass sie bei ihm an erster Stelle stehen. Anders als sie es sonst erleben. Und ich bete dafür, dass es uns besser gelingt, den Reichtum unserer Gesellschaft zu verteilen.

Du spendest Trost in Leid und Not, sagt die Pfingstsequenz.

Eine Freundin von mir kommt über den frühen Tod ihres Mannes nicht hinweg. Sie ist selbst todtraurig. Obwohl sie gläubig ist. Trost kann ihr gerade so gut wie niemand geben. Ob Gottes Geist das kann, was uns verwehrt bleibt: ihr ein bisschen Zuversicht schenken? Darum bitte ich.

Was befleckt ist, wasche rein.

Schuldgefühle sind schlimm. Besonders, wenn sie berechtigt sind und man sie sich nicht bloß einredet. Auf Dauer macht es den Menschen kaputt, wenn er nicht darüber hinweg kommt. Was tun? Therapeuten können helfen oder Gespräche mit einem Seelsorger. Wenn es aber gar keine Vergebung gibt, wenn die Schuldgefühle bestehen bleiben, dann traue ich Gott zu, dass er den Menschen befreien kann von dem, was ihm so sehr leid tut.

Lenke, was den Weg verfehlt.

Es gehört zum Alltag, dass wir Entscheidungen treffen. Manche haben eine enorme Bedeutung. Wenn einer dabei falsch liegt, kann das sein ganzes Leben verändern. Er verrennt sich in eine aussichtslose Beziehung. Oder er gerät mit falschen Freunden auf die schiefe Bahn. Gottes Geist kann helfen, das Falsche vom Richtigen zu unterscheiden. Ich bitte ihn, dass er Menschen hilft, den rechten Weg für sich zu finden.



[1] Aus der Pfingstsequenz Veni Sancte Spiritus, Stephen Langton ∼1200.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26480
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