SWR3 Gedanken

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„Vielleicht sollte ich auch mal Lotto spielen“. Adrian schaut versonnen aus dem Fenster.„Und wenn du gewinnst?“ frage ich ihn, „Was machst Du dann damit?“

Ich bin erstaunt über diese Idee. Lotto spielen! Noch nie habe ich von ihm gehört, dass er gerne mehr Geld hätte.

„Wenn ich gewinne?“, Adrian schaut mich an, „Dann spende ich alles! Ich gebe so gern. Und ich würde so gerne noch viel mehr geben. Für Kinder, für die Umwelt, für Tiere, für arme Menschen, für die AIDS-Hilfe …“ Er strahlt.

Ich lache vergnügt in mich rein. Typisch Adrian: Von seiner Rente kann er seine Miete bezahlen, sein Essen, Kleidung und – Blumen. Er liebt Blumen, am liebsten frisch vom Markt. Dafür reicht sein Geld, aber große Sprünge machen kann er damit nicht. Trotzdem ist Adrian einer der zufriedensten Menschen, die ich kenne.

Für einen kleinen Moment erlaube ich mir eine Phantasie: Adrian als Lottogewinner. Ich stelle mir vor, wie er sich zuallererst 10 Blumensträuße kauft und damit seine Wohnung schmückt. Und dann setzt er sich an seinen Tisch, ein Glas Wein neben sich, einen Stapel Überweisungsträger vor sich.

Ich sehe ihn einen nach dem andern ausfüllen. Große und kleine Summen an große und kleine Initiativen. Ich sehe Adrian Geld verteilen, bis ihm die Hand vom Unterschreiben schmerzt. Eine schöne Vorstellung.

Ich schaue Adrian an. Eine Weile reden wir noch über seine Freude am Leben, ein sehr gleichförmiges, bescheidenes Leben. Dann verabschiede ich mich.

Beim Rausgehen fällt mein Blick auf das Sideboard. Zwei Überweisungsträger liegen darauf. Ich erkenne die Logos, Katastrophenhilfe und ein Kinderbildungsprojekt. Adrian hat kleine Summen eingetragen. Aber ich bin mir sicher, er hat mit einem Strahlen unterschrieben. Ein strahlender Gewinner.

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