Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Streitet nicht! Das ist so ein Satz, mit dem ich groß geworden bin. Immer wieder hat meine Mutter uns Kinder ermahnt. Besonders in der Adventszeit durfte man sich keinesfalls streiten. „Wer streitet bekommt nichts vom Christkind“ hieß es dann. Und ich habe verstanden: Gott will nicht, dass wir uns streiten. War ja irgendwie auch einleuchtend. Weihnachten: Sollte da nicht „Frieden auf Erden“ sein?

Inzwischen finde ich aber –auch wenn es mir immer noch schwer fällt – manchmal muss man streiten. Wenn es um die Lösung eines Problems geht, um den richtigen Weg – dann muss man streiten. Dann kann man nicht einfach klein beigeben um des lieben Friedens willen.

Sogar Jesus hat das so gesehen. „Ich bringe Streit“ – bis in die Familien hinein, hat er einmal gesagt (Mt 10, 34-36). Und bis heute wird das weitererzählt, um Christen Mut zu machen: Setzt euch ein für den Weg, der zum Guten führt. Gebt nicht einfach klein bei.

Eine Frau hat mir erzählt, sie betet abends mit ihren Kindern, aber ihr Mann mag das nicht. Was soll sie nun tun? Nachgeben? Um des lieben Friedens willen? Nein, ich glaube, das kann es nicht sein. Aber vielleicht kommt es ja darauf an, wie man streitet. Zwei Sachen scheinen mir da wichtig:

Erstens: Man sollte sich zuerst überlegen: Was haben wir denn gemeinsam? Wir wollen unsere Kinder gut erziehen. Dass sie starke Persönlichkeiten werden. Das wollen wir beide, das ist unstrittig. Bloß der Weg dahin – den sehen wir verschieden. Aber das ist eigentlich nicht mehr so bedrohlich, wenn man dasselbe Ziel hat.

Und zweitens: Man muss sich ja nicht hassen, wenn man streitet. Dann wird man den anderen auch nicht abwerten, beschimpfen und klein machen. Der andere hat ja das Recht, die Dinge anders zu sehen. Dann kann man sich verständigen: Ich bete mit den Kindern – und du eben nicht. Wenn wir das hinkriegen, ohne bissige Bemerkungen über den anderen zu machen: Dann ist das für die Kinder kein Problem. Bei Mama ist manches anders als bei Papa – das kennen sie doch auch sonst. Es ist gut, wenn sie lernen: solche Unterschiede kann man friedlich aushalten.

Wo Menschen zusammen leben gibt es Streit. Aber es kommt drauf an, wie man streitet. Auseinanderlaufen und sich trennen – das ist jedenfalls keine Lösung. Also, auch in der Adventszeit: Streiten Sie ruhig! Aber geben Sie Acht, wie sie streiten. Und verlassen Sie sich darauf, was Jesus gesagt hat: Selig sind die Friedfertigen. Sie sind Gottes Kinder.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25495
weiterlesen...