SWR2 Wort zum Tag

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„Alles wird gut!“ Das ist ein Spruch, der oft benutzt wird. Zum Beispiel von Eltern: Sie sagen das zu ihren Kindern, wenn etwas Schlimmes passiert ist. Dieser Satz „Alles wird gut!“ kann trösten. Aber natürlich nur dann, wenn man demjenigen vertraut, der das zu einem sagt.

Ähnlich ist das mit dem Glauben. Er kann trösten und Halt geben. Aber der Glaube gibt mir keine Garantie. Die Welt wird augenscheinlich durch den Glauben nicht besser. Und am Ende wartet auf alle doch immer der Tod. 

Der walisische Dichter Dylon Thomas hat ein Gedicht geschrieben. Es heißt: „Geh nicht gelassen in die gute Nacht“. Im Original: „Do not go gentle into that good night“.

Thomas verarbeitet darin den Tod seines Vaters. Es ist dem Dichter unverständlich, wie sein Vater der im Leben so stark war, auf dem Sterbebett so ruhig und gelassen sein kann. Er fordert sogar von seinem Vater, dass er zornig sein soll über das Sterben. „Wut, Wut über das Sterben des Lichts.“ Heißt es im Text. Im englischen: „Rage, rage against the dying of the light“.

Wenn man stirbt, gibt es für Dylon Thomas keinen billigen Trost. Er wehrt sich dagegen, sich still und friedlich dem Tod zu ergeben. Alles in ihm protestiert dagegen. Er will, dass man wütend weiterkämpft um so lange wie möglich zu leben. Thomas findet im Gedicht zu keiner Hoffnung, die über den Tod hinaus geht. Am Ende des Lebens wird es für ihn dunkel. 

Ähnlich war das bei einer Bekannten von mir. Sie hatte über viele Jahre hinweg Krebs und hat wider Erwarten viel länger mit der Krankheit gelebt, als die Ärzte dachten. Aber sie war davon überzeugt, dass es nach dem Tod gut weitergeht. Natürlich hat sie immer wieder gehadert und konnte wütend werden. Was ich aber gut fand war, dass sie ihre Wut nicht runtergeschluckt, sondern sie Gott entgegengeschleudert hat. Sie ist damit nicht allein geblieben und vertraute weiter darauf, dass ihre Wut bei Gott schon an der richtigen Stelle ist.   

Das ist der Unterschied zu Dylon Thomas, der das Sterben des Lichts so sehr beklagt hat. Seine Wut hat keinen Adressaten.

Ich bin auch immer mal wieder überfordert mit all dem, was in meinem Leben oder in der Welt passiert. Für mich ist es aber eine riesen Erleichterung, dass ich meinen Ärger, meine Wut auf Gott richten kann. Ich muss das nicht alleine tragen. Im Nachhinein weiß ich dann oft, dass das Schimpfen gut, ja sogar heilsam gewesen ist. So, als hätte Gott ganz leise zu mir gesagt:

„Alles wird gut“ aber wütend darfst du trotzdem sein.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25158
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