SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Die kirchlichen Gebete, die Ordensleute und Priester noch heute im Tagesrhythmus beten, enthalten eine Fülle kostbarer Bilder. Im Sonnenaufgang wird z.B. die Kräftigung durch den Schlaf gefeiert. Nächtliche Regeneration selbstverständlich, die selbstheilenden Kräfte der Natur sind ein Gottesgeschenk. „O ew'ger Schöpfer aller Welt, des' Walten Tag und Nacht regiert, du setzest den Zeiten ihre Zeit, / schenkst Wechsel in der Zeiten Lauf.... Hoffnung erwacht beim Hahnenschrei, / und Lindrung strömt den Kranken zu. / Der Räuber lässt von seinem Tun, / Gefallene vertrauen neu.// Herr, wenn wir fallen, sieh uns an / und heile uns durch deinen Blick. / Dein Blick löscht Fehl und Sünde aus, / in Tränen löst sich unsere Schuld.“ (Brevier 201)

Ein neuer Tag, eine neue Chance, ein neuer Blick auf fällige Entscheidungen und Gedanken von gestern, ein neuer Ruck vielleicht und  ein kraftvoller Anpack heute Morgen. Mir gefällt der Rhythmus dieses alten Hymnus. Vor allem die Bitte: „Herr, wenn wir fallen, sieh uns an / und heile uns durch deinen Blick.“  Wahrlich, ein wohlwollender Blick tut gut und baut auf, ein nachsichtiges vergebendes Hinschauen, ein liebevolles Aufmerken; Worte und Blicke können strafen, vernichten, sie können aber auch helfen und heilen. Immer wieder kommt es in den biblischen Jesus-Geschichten vor, etwa beim sogenannten reichen jungen Mann, der den Sinn seines Lebens sucht. „Liebevoll schaute Jesus ihn an“, heißt es da. Empathie und Mitgefühl, den anderen liebevoll überschätzen und ihm mehr zutrauen, als er sich selbst zutraut – das ist eine große Kunst, ein wirkliches Lebenselixier. Im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen können wir's praktizieren, in der Pflege älterer und kranker Menschen, natürlich  auch mit den Kindern. „Herr, wenn wir fallen, sieh uns an, / und heile uns durch deinen Blick./ Dein Blick löscht Fehl und Sünde aus, / in Tränen löst sich unsre Schuld.“ Lebenskräfte werden wieder frei, und mehr Mut ist da, mehr Zutrauen, mehr Einverständnis mit sich selbst und den eigenen Möglichkeiten und Grenzen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25144
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