SWR2 Wort zum Tag

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Wo fängt man an, wenn man schon lange nicht mehr über Gott geredet hat. Wenn Wörter wie „Gott, in die Kirche gehen, glauben“ in einem im Winterschlaf liegen. Wo fängt man an, wenn sie aber noch da sind und auf einmal irgendwie lebendig werden.

Vielleicht bei einer schönen Geburtstagsfeier im Garten, wenn man in entspannter Runde beisammen sitzt. So habe ich es vor ein paar Wochen erlebt. Als einige mitbekommen habe, dass ich Pfarrer bin, hat das wie ein kleiner Katalysator gewirkt. Sie sind lebendig geworden, die religiösen Wörter aus dem Winterschlaf. Und auf einmal war es da: Dass Religion ein Stück des eigenen Lebens war oder noch ist. Und mir kam es so vor, als hätten die Wörter schon lange darauf gewartet, dass sie raus dürfen.

Womit fängt man an, wenn man schon lange nicht mehr über Gott geredet hat? Einer hat erzählt, seit wann er fehlt. Und ja, dass etwas fehlt, auch wenn er mit seinem Leben zufrieden sein kann. Aber, dass er manchmal so unruhig ist. Ohne manchmal sagen zu können, woher die Unruhe kommt.
Eine andere hat erzählt, dass sie Angst bekommt, wenn sie in die Zukunft spürt. Man ist ja nicht mehr die Jüngste. Die Knochen tun weh, und manchmal zieht es in der Brust und erschrickt und sagt trotzdem, sich und den anderen: „alles oK.“

Einer hat bei seinen großen Kindern angefangen, dass er nicht ganz sicher ist, ob er es gut hingekriegt hat mit ihnen. Wie er es gemacht hat. Und was für eine Welt wir ihnen überlassen. Und ich finde, wenn es gut geht mit den Kindern, dann kann man erst recht bei ihnen anfangen und dankbar sein, wie gut es geht.
Wo fängt man an, wenn man schon lange nicht mehr über Gott geredet hat?

Bei den Absplitterungen vielleicht, die das Leben einem beigebracht hat. Bei den kleinen Trümmern, die einen ratlos machen und wo man sich fragt, wer kann das mal wieder zusammensetzen, dass ich wieder gut werde.
Bei dem, was von einem bleibt, wenn schon nicht für immer, dann wenigstens für ewig.

Und da kann man anfangen, wo das Leben gut war und immer noch ist und auf einmal merkt man, es tut gut, wenn man sich dafür bedanken kann. So haben wir angefangen bei der Geburtstagsfeier, im Garten. Schön war es. Vielleicht wäre Ihr Anfang ja anders.

Dann gab es zu essen. Ich hätte gern noch ein bisschen weitergeredet. Eine meiner Lieblingsgeschichten von Jesus erzählt:
‚Von dem Mann, der Gott total verloren hatte. Er kannte das Wort noch, aber es auszusprechen, das traute er sich nicht mehr. Aber dass „Gott“ zu tun hat mit nach „Hause kommen“, das steckt noch in ihm. Und er sehnt sich, irgendwo zu Hause zu sein. Und dann geht er los, obwohl er vorher gemeint hat, es wäre zu spät. War es nicht. Gott hat schon auf ihn gewartet.‘ Anscheinend ist es nie zu spät, von ihm zu reden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24911
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