Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es ist ja schon eigenartig: Gerade bei etwas vom Schönsten, das uns Menschen gegeben ist, haben wir Probleme, es in Worte zu fassen: bei der körperlichen Liebe. Wir verlieren uns irgendwo zwischen medizinischer Wortwahl, derber Gossensprache oder infantilen Verzärtelungen. Viele Menschen reden gar nicht darüber, was der sprachlichen Hilflosigkeit in Sachen Sex auch nicht weiterhilft. Der Blick in andere Sprachen bringt uns auch nicht weiter. Vor allem nicht der nach Amerika, von wo das „four letter word“ als Schimpfwort leider auch in unsere Alltagssprache eingegangen ist. Und To make love klingt mechanisch und grad so, als ob man Liebe machen könnte. Interessanter ist da schon die Beobachtung bei einer Eingeborenensprache auf den Philippinen. Dort heißt es „Gott nahe sein“. Darin klingt der himmlisch schöne Charakter der intimsten menschlichen Begegnung an. Schauen wirzu unseren Nachbarn finden wir coucher, die französische Version des international verbreiteten Ausdrucks miteinander schlafen. Eigenartig, wo es doch im Wachzustand, und nicht nur nachts und auch nicht nur im Bett geschieht. In der Bibel heißt es übrigens beieinander liegen, wenn bei der Liebe der Körper ins Spiel kommt. Liegen und Schlafen. Liegen hat etwas Entspanntes und Existenzielles. Wir liegen, wenn wir ruhen, uns erholen oder uns nahe sind. Bei der Liebe und bei der Zeugung liegen wir, meistens jedenfalls. Frauen liegen größtenteils auch bei der Geburt. Wir liegen, wenn wir krank sind oder beim Sterben.

Das hat was, nur den Rahmen zu beschreiben wenn man über das reden möchte worum es geht beim Sex. Darum ist der Ausdruck miteinander schlafen auch nicht der schlechteste: Weil das, was dabei geschieht, so traumhaft schön sein kann. Und weil sich auch die Länge und die Vertrautheit einer gemeinsam verbrachten Nacht darin ausdrückt. Nicht zu vergessen das Erwachen, wenn der erste Blick des Tages auf den gerade geliebten Menschen fällt. Und so ist es wohl wie bei anderen, unbeschreiblich schönen Dingen des Lebens: dass wir an Sprachgrenzen kommen. Und dass wir das, was wir spüren, besser nur umschreiben oder andeuten. Vielleicht auch, weil die menschliche Sexualität eine eigene Sprache ist, bei der die Seele mit dem Körper spricht …

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