SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

 ...mit dem Heiligen Geist

Teil 1: Weggefirmt...?

In katholischen Kreisen wird manchmal dieser Witz erzählt: Treffen sich drei Pfarrer. Sagt der eine: Bei mir im Kirchturm sind so viele Tauben eingezogen. Mit ihren Hinterlassenschaften beschädigen die Vögel den ganzen Kirchturm. Ich weiß gar nicht, wie ich sie wegbekommen soll. Der zweite schlägt den Kammerjäger oder ein Netz vor – aber erfolglos. Da hat der dritte einen Tipp: Ich hatte das auch mal. Da hab ich die Vögel einfach gefirmt – und am nächsten Tag waren alle weg. Was etwas locker-lustig daher kommt, erfahren vielen Pfarreien als gar nicht so lustig: Die Firmung, bei der Jugendliche nach Taufe und Erstkommunion voll in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen werden, ist eigentlich ein Abschied: Diese Feier nimmt man noch mit, aber danach geht das Interesse an Kirche und Gottesdienst und Gemeinde oft gegen Null. Wenn nicht sogar schon vorher. Etwas zynisch könnte man also davon sprechen, dass die jungen Leute da „weggefirmt“ werden – so wie im Witz mit den Vögeln.

Die Firmung ist eines der sieben Sakramente der katholischen Kirche. Ein Sakrament, das ist ein Zeichen für etwas, was man nicht sehen kann: Gerade, wenn das Leben in eine neue Etappe geht, wünschen sich Menschen einen Beistand und Wegbegleiter, und fragen nach Gott: bei der Geburt, bei der Hochzeit, beim Sterben. Und Gott ist da, auch wenn wir ihn selbst nicht sehen können. Er ist da, vergleichbar mit dem Strom, den man ja auch nicht sehen, sondern nur an seiner Wirkung erkennen kann. So werden die Firmlinge gesegnet mit den Worten: „Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist“. Gottes Beistand, der Heilige Geist, soll die Jugendlichen stärken und besiegeln, dass sie nun ganz zur Gemeinschaft der Kirche gehören. In der Firmung bestätigen sie ihre Taufe, bei der ja meist die Eltern für die Kleinkinder entschieden haben. Klar, dass da Geschenke und gesellschaftliche Konventionen oft auch eine große Rolle spielen, weil man sich halt firmen lässt. Als Jugendlicher hatte ich auch andere Sorgen als die Frage, ob ich ein „Sakrament“ empfange: Was ist der Sinn in meinem Leben? Wohin gehöre ich und wie will ich mit anderen zusammen leben? Wohin geht meine Lebensreise? Und wer bin ich eigentlich in diesem „Spiel des Lebens“? All das sind Fragen, die Jugendliche auch heute stellen – und die nach dem Sinn und der Hoffnung fragen, warum und wie es sich zu leben lohnt. Viel hängt davon ab, ob die Antworten von uns in der Kirche da tatsächlich passend und verständlich, einladend und hoffnungsfroh sind, oder eher zum Weglaufen, zum „Weggefirmt“ werden.

Teil 2: ... besiegelt und gestärkt mit den Gaben des Heiligen Geistes

Heute geht es in den Sonntagsgedanken um die Firmung, die in der katholischen Kirche das Fest der vollen Aufnahme in die Gemeinschaft ist. Aber viele wissen, dass danach oft Funkstille herrscht in Sachen Glaube und Gemeinde, Kirche und Katechismus.

Gestern ist auch unsere Tochter gefirmt worden. Zusammen mit den Nachbargemeinden kam ein gutes Dutzend Jugendlicher zusammen. Manche mögen beklagen, dass das sehr wenige sind. Und manche mögen vergleichen mit ihrer eigenen Jugend. Meine Firmung ist nun auch schon ein gutes Vierteljahrhundert her. Auch bei uns war manches anders: Wir hatten regelmäßige Treffen, „Kurse“, um Glaubenswissen vermittelt zu bekommen. Ehrlich gesagt, ich bin froh, dass das heute oft anders läuft. Dass keine Strichlisten mehr geführt werden, wer wie oft in den Sonntagsgottesdienst geht; dass kein Katechismus-Wissen abgefragt wird; dass man nichts „wissen“ muss, um glauben zu können. In der Firmung geht es um Gottes Heiligen Geist, seinen Beistand und seine Kraft. Er wirkt in unserem Leben - ohne, dass ich mir das erst wie eine Prämie verdienen muss. Es ist ein Geschenk, das ich annehmen oder erstmal zur Seite legen kann, weil ich es erst später zu schätzen weiß. Wenn ich das glaube, dann kann ich mich über die Firmung unserer Tochter freuen, auch wenn ihr und vielen anderen Firmlingen die theologische Bedeutung des „Sakraments“ ehrlich gesagt ziemlich egal ist. Dann weiß ich sie bestärkt durch Gottes Kraft. Dann lasse ich Gott ans Werk und vertraue, dass er schon weiß, was er mit diesen jungen Menschen auf ihrem Lebensweg vorhat. Ich glaube und vertraue, dass er sie mit ihren eigenen und tatsächlichen Fragen nicht allein lässt, ihnen Rat und Weisheit und Erkenntnis schenkt auf dem Weg durch's Leben – und gute Wegbegleiter, zu denen ich vielleicht auch gehören darf: Damit sie ankommen und ihren Platz finden. Das ist die Hoffnung, die ich habe. In den Bibeltexten, die heute in den katholischen Gottesdiensten gelesen werden, werden die Jünger aufgefordert „stets bereit (zu sein), jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt“, die sie erfüllt. (1 Petr 3,15b) Antworten auf Fragen, die tatsächlich jemand stellt. Ich bin sicher, die Firmlinge werden ihre Antwort finden und später selbst geben können – und so mit Gottes Hilfe, seinem Schutz, Beistand, Rückenwind und Segen Zeugen der Hoffnung sein. Jeder und jede auf seine und ihre Weise. In der Welt von heute. Gott sei Dank!

 

Für Tabea - zur Firmung am 20. Mai 2017

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24295
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