SWR2 Wort zum Tag

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Wie das wohl war in so einer orientalischen Gesellschaft: Josef, der Zimmermann, verlobt mit einer jungen Frau aus dem Dorf, erfährt irgendwie: Mirjam ist schwanger. Vor der Ehe. Und jedenfalls von einem anderen Mann. Dass er noch nicht mit ihr zusammen war, weiß er ja mal mindestens.

Noch bis vor ein paar Jahren wäre so was selbst hier bei uns gefährlich gewesen; Menschen in südländischeren Gegenden haben so was ganz selbstverständlich gefunden: Ausgestoßen oder gleich gesteinigt worden wäre „so eine“ damals, in Galiläa, Israel, vor zweitausend Jahren. Hätte sogar eine vorgeblich religiöse Begründung gehabt.

Aber der Zimmermann tickt offensichtlich anders. Er vergisst, dass er blöd dastehen könnte –  der gehörnte Verlobte. Ihm ist das offensichtlich gleichgültig. Er nimmt seine Verlobte zu sich, berichtet die Bibel. Er wird dem Kind ein guter Vater, auch wenn das Kind sehr wahrscheinlich einen anderen Vater hat. “Das ist doch der Sohn des Zimmermanns“, sagen sie später im Dorf über Jesus, den Sohn der Maria; wissen also nichts von einer ungeklärten Vaterschaft. Ist doch einer von uns – was hat der uns von Gott zu erzählen… Der Sohn des Zimmermanns – und Josef steht vielleicht daneben. Und ich bin sicher: Er denkt und fühlt, dass sie Recht haben, obwohl er es ja eigentlich besser weiß.

Das, finde ich, ist die wirkliche Größe des Zimmermanns Josef aus Nazaret: Dass er treu gewesen ist, obwohl doch alles gegen diese Treue sprach. Vielleicht ist ihm ja wirklich ein starker und geschickter Engel erschienen, der ihm das alles erklärt hat, was bis heute kaum jemand richtig versteht…

Der hat es ihm jedenfalls so gut erklärt, dass Josef ein paar Jahre später sogar mit der nächsten seltsamen Geschichte zurechtgekommen ist: der frühpubertäre Jesus, gerade mal zwölf Jahre jung, bleibt einfach im Tempel in Jerusalem zurück; obwohl die Familie am Ende der Wallfahrt nach Nazaret unterwegs ist. Und blafft die Eltern an: Wusstet ihr nicht, dass ich im Haus meines Vaters sein muss…

Glückwunsch allen Josefs, Jupps, Joes – und den Josefas und Josefines – gestern hatten sie Namenstag, aber weil gestern Sonntag war, ist das Hochfest auf heute verlegt. Und ich wünsche Ihnen und allen anderen jedenfalls Mut; den Mut, treu zu sein – wie damals der Zimmermann in Nazaret.

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23880
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