SWR4 Sonntagsgedanken

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Keine Sorgen

„Mach dir keine Sorgen“, sage ich meiner Tochter vor einer wichtigen Kursarbeit. Und weiter: „Du hast gelernt, du hast dich hingesetzt. Das wird schon klappen.“ Aber meine Tochter beruhigt das nicht. Sie sorgt sich.

„Da musst du dir keine Sorgen machen“, sagt meine Frau zu mir, wenn unser Sohn mal später nach Hause kommt, als vereinbart. „Der wird schon noch kommen.“ Aber ich beruhige mich nicht. Ich sorge mich.

Warum eigentlich? Es ist doch so: Meistens geht alles gut, es passiert nichts, irgendwie geht es schon weiter. Und trotzdem: Da gibt es dann doch den Tag, an dem das Kind in einen schweren  Unfall verwickelt ist, der Tag, an dem eine niederschmetternde Diagnose kommt, der Tag, an dem nichts mehr gut sein wird.

Sich Sorgen, das ist auch ein biblisches Thema. Da heißt es: „Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern?“ (Mt 6,27)

Ich finde: Ein starker Gedanke. Egal, wie viel ich mich sorge, um mich oder andere, irgendwann ist mein Leben zu Ende. Klar, ich kann auf meine Ernährung achten, alles planen und mich rundum versichern. Und trotzdem ist das alles irgendwann mal nicht mehr wichtig. Weil mein Leben endlich ist.

Sich sorgen, das heißt natürlich auch: Jemand ist mir wichtig. Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Ich will, dass es dir gut geht.

Das hat auch der biblische Text im Sinn. Und er fragt weiter, fragt wie das geht, das Gute für den Menschen zu wollen. Seine Antwort? Vergiss über die Sorgen nicht, wie du dein Leben ausrichtest. Woran du dich eigentlich orientierst. Etwa daran, genug zu essen und zu trinken zu haben? Etwa daran, gegen alles möglichst abgesichert zu sein? Oder willst du damit umgehen lernen, dass du vertrauen musst, wenn du überhaupt leben willst. Und Vertrauen, das heißt in biblischer Sprache: Glauben. Das Gefühl zu haben, dass ich in allem, was passiert, getragen bin.

Leben, frei leben zu können, das sagt der biblische Text, das kann ich nur, wenn ich mich nicht zu viel sorge. Wenn ich darauf setze, dass ich getragen bin. 

Sich um das Leben sorgen

Menschen sorgen sich. Um ihr Leben. Um ihre Lieben. Um das liebe Geld. Wann aber ist Sich-sorgen notwendig – und wann hilft es nicht weiter? Darum geht es heute in den Sonntagsgedanken.

Das ganze Jahr über sammle ich Münzen. Cent- und Eurostücke mit Motiven aus Frankreich, Spanien, Finnland und Slowenien. Immer wenn ich nach dem Einkaufen so ein Geldstück an der Kasse bekomme, dann wandert es in eine Dose. Die wird dann kurz vor den Sommerferien geschlachtet. Und wir gehen davon in den Ferien schön essen. Leisten uns etwas, was wir uns sonst nicht leisten könnten.

Ich sammle das Geld, um es auszugeben. Mein Herz hängt nicht an den vielen unterschiedlichen Münzen. Nicht immer gelingt es mir aber, so mit Geld umzugehen. Oft genug sorge ich mich. Ob das Geld reicht. Was wir uns leisten können – und was nicht. Oft genug reden wir zu Hause viel zu viel über Geld.

Es heißt ganz schön: „Das letzte Hemd hat keine Taschen.“ Für mich bedeutet das: Lass das Geld nicht zu wichtig werden. Sorge dich nicht zu viel um das Geld. In einem biblischen Text klingt das so: „Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel […]. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“ (Mt 6,19-21)

Der Text stößt mich mit der Nase drauf: Was sind eigentlich Schätze, die bleiben? Die Bibel ist da drastisch: Geldscheine können vergammeln oder verbrennen, Besitz kann gestohlen werden. Wenn aber mein Herz genau daran hängt? Dann stellt es mich komplett in Frage, wenn mein Besitz weg ist. Wenn mich Geld und Besitz ausmachen, dann bin ich im wahrsten Sinn des Wortes arm dran, wenn ich nichts mehr habe.

Was bleibt? Was ist unzerstörbar und kann nicht gestohlen werden? Die Bibel findet ein poetisches Bild: Ein Schatz im Himmel, der bleibt. Himmel, das ist ein Bild für all das, was wirklich wichtig ist. Himmel, das steht für Gerechtigkeit, für Anerkennung aller Menschen, für Glück. Der Himmel fängt da also genau da an, wo Menschen himmlisch sind und handeln. Wo sie sich für den Nächsten einsetzten, sich um Gerechtigkeit kümmern. Wo sie menschlich werden. Darum soll die einzige Sorge des Menschen kreisen. 

Matthäus 6,24-34

24 Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon. 25 Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung? 26 Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? 27 Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern? 28 Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. 29 Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. 30 Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen! 31 Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? 32 Denn um all das geht es den Heiden. Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht. 33 Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben. 34 Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23755
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