SWR4 Abendgedanken

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„Gott hat die Welt aus Nichts gemacht, so steht es im Brevier,
doch kommt mir manchmal der Verdacht, er macht sich nichts aus ihr ….“

Einer dieser herrlichen Vierzeiler von Heinz Erhardt. Heute ist sein Geburtstag. Am 20. Februar 1909 wurde dieser Meister der Wortakrobatik geboren. Ein typisches Heinz Erhardt Gedicht: Hinter leichter Wortspielerei steckt eine ernste Frage.

 „Gott hat die Welt aus Nichts gemacht“: Biblisch gesprochen ist das der Satz: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde und die Erde war wüst und leer.“

„So steht es im Brevier“ damit will Erhardt sagen: Das ist gesetzt. Gott als den Schöpfer anzusehen ist die Grundlage des Glaubens. Übrigens nicht nur des christlichen – auch im Judentum und im Islam steht das im Brevier, ist das gesetzt.

 „Doch kommt mir manchmal der Verdacht, er macht sich nichts aus ihr ….“ Jetzt bringt Heinz Erhardt sich selbst und seine Zweifel ins Spiel. An dem Glauben an Gott als den Schöpfer will er nicht kratzen. Aber er stellt die kritische Frage: Ist Gott wirklich auch heute bemüht um seine Schöpfung? Macht er sich etwas aus der Welt oder gar aus uns, den Menschen?

Ich kann diesen Zweifel von Heinz Erhardt gut verstehen. Ich stelle mir oft die Frage: Im riesigen Weltall sind wir nur ein kleiner Planet, warum sollte sich Gott ausgerechnet um uns kümmern? Nehmen wir uns da nicht zu wichtig? Die Frage ist  nicht neu. Schon im Alten Testament fragt der Beter im Psalm 8:  „Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“ (Ps 8,5). Gut, dass auch die Menschen der Bibel Zweifel hatten. Das tröstet mich. Aber die meisten von ihnen sind nicht in ihrem Zweifel stecken geblieben. Das macht mir Mut. Und so kommt mir manchmal der Verdacht, er macht sich doch etwas aus ihr.

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