Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Die Katholiken feiern Fasnacht, die Evangelischen nicht. Das gilt heute nicht mehr so streng wie früher. Es gibt auch evangelische Narren. Aber trotzdem: An der Aufteilung ist immer noch was dran. Das sehe ich jeden Tag: Im traditionell katholischen Bad Dürrheim, wo ich wohne, hängen Wimpel über den Straßen. Im traditionell evangelischen Tübingen, wo ich arbeite, ist nichts von Fasnacht zu sehen.

Haben die Evangelischen ein Problem damit, Spaß zu haben und zu feiern? 

Martin Luther, auf den die evangelische Kirche zurückgeht, war jedenfalls kein Kind von Traurigkeit. Luther ist nicht zum Lachen in den Keller gegangen, sondern zum Bier holen. Wenn Luther auf Reisen war, hat er das selbstgebraute Bier seiner Frau Katharina schmerzlich vermisst. Der Reformator hat gern gut getrunken und gegessen. Er hat die Musik geliebt und war ein sehr geselliger Mensch. „Gott will, dass wir fröhlich seien, und hasst die Traurigkeit“, hat Luther einmal gesagt.

Das passt doch eigentlich zur Fasnacht. Trotzdem konnte Martin Luther mit den tollen Tagen nicht viel anfangen. Zum einen hat Luther nicht viel vom Fasten gehalten. Die Menschen wollen sich damit den Himmel verdienen, hat er gemeint. Aber den gibt es nicht für religiöse Leistungen, sondern wenn man Gott vertraut. Und weil Luther vom Fasten nicht viel hielt, fand er auch die Fasnacht vorher überflüssig. Der andere Grund: Die Fasnacht wurde früher viel derber gefeiert als heute. Und Luther wollte nicht, dass durch unbeherrschtes Feiern Menschen zu Schaden kommen. 

Auch die katholische Kirche sah die Fasnacht damals übrigens immer auch kritisch. Selbst in der närrischen Hochburg Köln wurde der Karneval zeitweise verboten – ohne Erfolg. In den evangelischen Gebieten hat man es dagegen geschafft, das närrische Treiben zu stoppen.

Was würde Luther heute zur Fasnacht sagen? Ich vermute, gegen fröhliches Feiern hätte er nichts einzuwenden. Mit Teufeln und Hexen könnte er vermutlich nicht so viel anfangen schon eher mit den freundlichen Weißnarren der schwäbisch-alemannischen Fasnacht. Das Motto der Rottweiler Fasnet hätte Luther sogar gefallen: „Jedem zur Freud` und niemand zu Leid!" 

Und vielleicht würde er den Narren empfehlen, auf ihr Gewissen zu hören. Das war Luther nämlich sehr wichtig: „Hab deinen Spaß und sei fröhlich. Aber hör dabei auf Dein Gewissen. Tu nichts, was Dir oder anderen schadet und was Du später bereust“.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23733
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