SWR2 Wort zum Tag

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„Gib dir jeden Tag eine Stunde Zeit zur Stille,“ hat der heilige Franz von Sales einmal gesagt. „Außer wenn du viel zu tun hast … dann gib dir zwei.“ Franz von Sales war ein frommer Mann und Bischof von Genf; lebte allerdings in Annecy in Frankreich, weil  Genf ja reformiert war…

 

Vermutlich gab es auch anfangs des siebzehnten Jahrhunderts, sowieso schon hektische Zeiten und noch hektischere – Franz von Sales hat damals schon das menschliche Leben richtig eingeschätzt. Schließlich hatte er auch eigene Erfahrungen damit – so viel wie er durchs Land reisen musste…

 

Ziemlich modern war eigentlich auch die Gemeinschaft von frommen Frauen, die der Bischof Franz von Sales damals neu gründen wollte, zusammen mit einer jungen Baronin, Johanna Franziska von Chantal. Anders als Nonnen sollten sie eigentlich in einem offenen Kloster leben – also leicht erreichbar sein für Menschen in Not, oder noch lieber auch „draußen“ für sie arbeiten. „Heimsuchungsschwestern“ wollten Arme, Kranke und Bedürftige daheim aufsuchen, um sie zu unterstützen. So wollten sie die Gottesliebe in der Nächstenliebe sichtbar machen. Im ersten Kloster, in Annecy selbst, hat das auch funktioniert. Wohl auch, weil die Schwestern sich an die Regel gehalten haben: eine Stunde täglich für’s Beten – und wenn du keine Zeit hast, lieber zwei.

 

Nach einigen Jahren sollte eine zweite Gemeinschaft entstehen und so leben, diesmal in Lyon, weit im Süden; aber der dortige Bischof hielt das für undenkbar – ein offenes Kloster!? So  entstanden dann eben Klausur-Klöster mit einem geschlossenen Bereich für die Schwestern. Und sicher mit viel mehr Zeit zum Beten als wenigstens eine Stunde am Tag.

 

Aber – und da waren die Salesianerinnen dann doch anders als viele andere Ordensgemeinschaften: Ganz ausdrücklich sollten sie außer Jungfrauen auch Witwen aufnehmen, wie die Baronin von Chantal eine war. Und von Anfang an sollten auch Frauen zu Schwestern werden, die mit einer Behinderung leben mussten. Der Heiland ist für alle gestorben, meinte Franz von Sales, „der will, dass man Schwache, Lahme und Blinde daran teilnehmen lasse.“

 

„Inklusion“ heißt das heute – und gilt als eine sehr moderne gesellschaftliche Entwicklung. Alle Menschen sind als Menschen gleich berechtigt und müssen mit gleichen Chancen mit allen zusammenleben können, barrierefrei, um es mal mit einem technischen Ausdruck zu sagen. Könnte schon sein, dass Kirche und Welt auch da noch was zu lernen hätten. Warum nicht von Franz von Sales!? Heute ist sein Gedenktag.

 

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23534
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