SWR2 Wort zum Tag

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Jerusalem. In der Altstadt stehen die Häuser eng beieinander. Die Gassen sind schmal. Es gibt Geschäfte und Markstände. Viele unterschiedliche Menschen drängen sich zwischen den Häusermauern entlang. Und überall ist zu sehen, dass die Religion eine zentrale Rolle in dieser Stadt spielt. Für Juden, Christen und Muslime.

Ein berühmter Platz in Jerusalem ist die Klagemauer. Diese Mauer gehörte zu einem riesigen Fundament. Auf diesem Fundament stand der eigentliche Tempel des Volkes Israel. Und dieses Stück Mauer hat die Jahrtausende überdauert.

Für Juden ist, die Mauer, wie sie einfach nur sagen, mehr als nur ein Ort, wo man trauert oder weint. Viele stecken Zettel zwischen die riesigen Steine. Hier beten und bitten die Menschen, sie loben und danken, aber natürlich klagen und trauern sie auch. Alles was das Leben ausmacht, hat hier Platz.

Natürlich kann ich immer und überall zu Gott beten.

Ich finde es aber großartig, wenn ich dafür einen konkreten Platz habe, zu dem ich mich aufmachen kann.

Wenn ich meine Probleme aufschreibe und dann einen Platz dafür habe, hilft mir das, wieder mehr Klarheit zu bekommen. Wenn ich weiß wo ich hingehen kann, wenn ich leide und traurig bin, ist das ein echter Halt. Und wenn in meinem Leben wieder mal alles drunter und drüber geht, kann es ein Segen sein, wenn ich mich irgendwo festhalten oder anlehnen kann.

Die Klagemauer in Jerusalem ist so ein starker Ort.

Es gibt solche Klagemauern aber auch in ganz lebendig. Das sind für mich Menschen: Menschen, die zuhören und recht zu antworten wissen, wenn ich Probleme habe. Mir fallen Menschen ein, die Trauernde begleiten und ihnen Trost spenden. Auch die wortlose Umarmung von einem Bekannten.

In Jerusalem ist es die ganz konkrete steinerne Mauer, die Halt gibt. Das ist leider zu weit weg, um immer dann hinzufahren, wenn ich Halt brauche. Deshalb bin ich sehr froh, um die ein oder andere lebendige Klagemauer in meinem Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23229
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