SWR3 Worte

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Im Advent heißt es warten auf Weihnachten. Ein Text zum Warten der Autorin Susanne Niemeyer:

„Stell dich bei Dämmerung vor ein großes Wohnhaus und warte, bis elf Fenster erleuchtet sind.“

Das schlägt mein Adventskalender vor. Jeden Tag gibt er mir eine Aufgabe, eine seltsamer als die andere, aber alle drehen sich ums Warten. Im normalen Leben bin ich eine schlechte Warterin. Aber das hier, das spricht mich an. Weil es so absurd klingt.

Ich versuche es. Stelle mich an eine mittelstark befahrene Straße. Richte meinen Blick auf die Fenster eines Jugendstilhauses und warte.

Nichts geschieht. Was tue ich hier?

Trotzdem bleibe ich. Halte die Leere aus.

Gedanken finden mich: Warum ist es so störend, wenn ein Loch sich auftut, ein leerer Moment? Vielleicht würde ja die Sehnsucht eine Lücke finden, klein genug für ein paar Himmelsträume.

Und plötzlich, während ich da in der Kälte stehe, weiß ich, dass ich auf etwas ganz Anderes, Größeres warte.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23161
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