SWR2 Wort zum Tag

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„Das Silicon Valley ist in seinem Wesen eine spirituelle Bewegung. Es geht Google, Apple und den anderen nicht nur um wirtschaftlichen Erfolg. Da würde man ihre Mission unterschätzen. Sie glauben, dass sie die Welt besser machen. Google, Apple und die anderen wollen Leid beseitigen, sie glauben fest, Fortschritt ist gut und wir verkörpern ihn.“
So wurde bei einem Kongress auf den Punkt gebracht, wie seit einigen Jahren von Kalifornien aus die Welt bewegt wird.

Thomas Schulz zB. hat davon erzählt. Schulz ist Korrespondent einer großen deutschen Zeitschrift. Früher hat er aus New York berichtet. Als man noch gemeint hat, Geld sei der große Weltbeweger. Inzwischen ist er umgezogen nach San Francisco. Nicht mehr die Finanzkonzerne, die Softwarefirmen bewegen die Welt. So glauben sie selbst und viele „Große“ pilgern zu ihnen. ZB. Vertreter deutscher Konzerne. Sie wollen verstehen, was in Kalifornien gedacht, geforscht und an neuer Welt entworfen wird.

Zwei Sätze sind mir haften geblieben: „Im Kern ist das eine spirituelle Bewegung“ und „sie glauben, dass Fortschritt per se gut ist“.
Ich hätte nicht gedacht, dass es das je wieder geben könnte. Dass kluge Menschen so ungebrochen von Fortschritt reden könnten. Und glauben, dass sie den Schlüssel zum Fortschritt der Menschheit hätten.

Ich habe gedacht: Das hätten wir als aufgeklärte Menschen im 20. Jahrhundert ein für allemal gelernt. Was Menschen an Fortschritt entwerfen, hat immer auch seine dunkle Seite. So war es zB. mit der Atomkraft: Auch sie sollte einmal „den Fortschritt“ der Menschheit bringen.

Was Menschen auch auf die Beine stellen. Immer hat es sich als ambivalent erwiesen. Die Entwicklung wissenschaftlicher und technischer Kultur hat nie nur hell geleuchtet und nach oben geführt. Immer gab es auch Abstürze und Schatten.

Im Gespräch wurde Thomas Schulz von einem Diskussionsteilnehmer gefragt: „Halten die sich im Silicon Valley vielleicht für Götter?“ Sinngemäß hat er geantwortet: „Sagen tun sie es nicht. Aber dass sie sich so fühlen, kann sein.“ Und ein Argument dafür: „Wenn sich der Mensch als Hindernis des Fortschritts erweist: Sie könnten bereit sein, auch den Menschen zu verändern. Indem man in das Gehirn eingreift, mit Software.“

„Wir sollen Menschen sein, nicht Gott.“ Heißt ein theologischer Spitzensatz von Martin Luther. Er ist eingegangen in die kulturelle Identität Europas. Er besagt: Wir sind Menschen, indem wir nachdenken beim Fortschreiten. Indem wir uns mäßigen. Und uns Grenzen setzen. Dieses mäßigende Wissen muss Europa für die Zukunft einbringen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23002
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