SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

„Hast Du es gehört, der Kleine hat ‚danke‘ gesagt.“ Flüstert der ältere Mann seiner Frau zu. Man spürt wie überrascht er ist. Erstaunt und glücklich. Was so ein kleines danke auslösen kann, habe ich gedacht.

Ich habe die Szene vor kurzem in einer Warteschlange erlebt. Auf dem Flughafen vor der Sicherheitsschleuse. Warten ist ja schon für uns Erwachsene eine Geduldsprobe. Erst recht für einen quicklebendigen Zweijährigen. Papa und Mama hat er auf Trab gehalten. Aber nicht nur die. Zb. auch den fremden älteren Mann. Der hat dem Kleinen seinen Teddy zurückgegeben, den der aus seinem Buggy geworfen hatte. Der Kleine hat sich dafür bedankt und darum war der ältere Herr so überrascht.

So überrascht, dass er es nicht für sich behalten hat. „Hast Du es gehört, der Kleine hat ‚danke‘ gesagt,“ hat er seiner Frau zugeflüstert. Ohne Zweifel: Dieses Dankeschön hat ihn dankbar gemacht, ein kleiner Glücksmoment.

Wie wäre das bei mir gewesen, habe ich mich ein bisschen später gefragt. Hätte ich mich über das danke von dem Kleinen auch gefreut? Manchmal passiert es einem ja, dass man so etwas für selbstverständlich hält. Oder gar nicht darauf achtet.'
Aber dann kommt es halt nicht zum Glücksmoment. Dann geht das Glück gewissermaßen an einem vorbei. Man lässt es vorbeigehen.

Kann man etwas dafür tun, dass man aufmerksam bleibt für Glück? Was kann ich dem Mann auf dem Flughafen abgucken?
Er ist aufmerksam geworden, weil er das danke nicht erwartet hat von dem Kleinen. Ich glaube, das ist etwas, das wir uns erhalten sollten. Auch unter Erwachsenen: Dass man staunt. Auch über das Leben an sich.
Manchmal auch über das, was so ganz selbstverständlich da ist. Wenn ich es bewusst mitbekomme, das selbstverständliche Gute – dann macht es glücklich.

Es gibt im Leben so vieles, was einfach da ist. Ich lebe davon und merke es gar nicht. Wenn es einem aber mal bewusst auffällt, dann wird man auch dankbar. Der Dichter Armin Juhre beschreibt das in einem Gedicht.

Ich habe nicht gelernt zu schlachten, zu pflügen und zu säen, und bin doch nicht verhungert. Wird ihm klar. Ich kann nicht Trauben keltern und trinke doch den Wein.

Wer mich ansieht, sieht viele andere nicht, die mich ernährt, gelehrt, gekleidet haben, die mich geliebt, gepflegt, gefördert haben. Mit jedem Schritt gehn viele Schritte mit. Mit jedem Dank gehn viel Gedanken mit (Armin Juhre).

Viele Menschen sorgen jeden Tag mit dafür, dass ich leben kann. Wenn ich das merke und mich dafür bedanke. Das schafft Glücksmomente, wie bei dem Mann auf dem Flughafen.

 

Ein Dankeschön kann glücklich machen. Mich selber, weil mir klar wird, wie viele für mich mit sorgen und in meinem Leben schon was für mich getan haben. Und ‚danke‘ kann auch die glücklich machen, bei denen man sich bedankt.

Vor ein paar Wochen habe ich das hautnah erlebt. Beim Geburtstag einer 90 jährigen. Ihre Kinder sind inzwischen auch über 60 oder nah dran. Sie haben sich Gedanken gemacht über ihre Mutter. Wie viel sie ihnen gegeben hat: Und da ist eine ganze Menge zusammen gekommen. Das haben sie dann auch mal ausgesprochen. Vielleicht können Sie sich vorstellen, wie glücklich die alte Dame da war.

Sie kennen das wahrscheinlich auch von Familienfeiern. Und bei einem Vereinsfest kann man ähnliches erleben. Oder in der Gemeinde oder einer Firma. Wenn Menschen geehrt werden.

Da merkt man: Es ist eine Sache, dankbar zu sein im Stillen. Aber ab und zu muss es bewusst werden und gesagt. Laut und deutlich. Was man aneinander und voneinander hat. Da verblasst dann auch Negatives, was es vielleicht auch gegeben hat. Ich finde es wichtig, dass der Dank nach vorne kommt. Das schafft Glücksmomente.

Und weitet den Horizont. Wie weit Dankbarkeit einen selber machen kann, das spürt man auch in einem Brief aus der Bibel. Der stammt von Paulus. Der ist sonst eher bekannt für ernste und strenge Gedanken. Aber in diesem Brief macht er aus seinem Herzen keine Mördergrube. Er lässt seinen Dank raus und man merkt, das tut ihm gut:

Ich danke meinem Gott jedes Mal, wenn ich an euch denke, schreibt er an die Christen in der Stadt Philippi. Ich danke ihm in jedem Gebet, das ich für euch alle spreche!Ich kann voller Freude beten, weil ihr euch so sehr für die Gute Nachricht von Jesus einsetzt – vom ersten Tag an bis heute.(Phil. 1, 3-5)

Paulus verbindet sein Dankeschön mit Gott. Und das gibt seinem ganzen Leben einen positiven Ton. Er spürt, dass er von Gott getragen ist. Was ihn dankbar macht – das ist für ihn ein Geschenk von Gott. Darum kann er auch manches aushalten, was schwer ist. Wenn man weiß, dass Gott für einen da ist, kann man sich auch Anfeindungen von Menschen entgegenstellen. Dann behält man Boden unter den Füssen, auch wenn Menschen daran rütteln.

Ich habe mir vorgenommen, besser aufzupassen. Auf die Momente, die mich glücklich gemacht haben. Und sie mir auch bewusst zu machen – indem ich Danke sage. Zu anderen Menschen. Und zu Gott. Wenn man sich bedankt, das macht zusätzlich glücklich. In diesem Sinn wünsche Ihnen eine guten Sonntag und eine schöne Woche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22999
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