Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Es ist noch gar nicht lange her, da hast Du auch da drin gelegen.“ Ab und zu geht mir das durch den Kopf, wenn ich am Krankenhaus vorbeikomme. Es ist noch nicht lange her. Aber ich habe mich schnell daran gewöhnt, dass ich wieder gesund bin. Gesund, wie die meisten von Ihnen auch. Klar, wir können über dieses oder jenes klagen. Aber ich kann aufstehen. Habe meine Sinne beisammen. Körper und Seele haben Kraft und Haltung, und tragen mich durch den Tag. Ich hoffe, Sie können das im Großen und Ganzen von sich auch so sagen.

Ich habe mich wieder dran gewöhnt, altersgemäß gesund zu sein. Ist es gut, wenn ich manchmal daran erinnert werde, dass das nicht selbstverständlich ist? ZB. wenn ich an „meinem“ Krankenhaus vorbeikomme.
Oder durch die Kollegin, wenn die nicht arbeiten kann, weil sie wieder einen schlimmen Migränetag hat. Oder vor ein paar Tagen: Da wollte ich bei meinem Doktor einen Termin machen. Aber er kann nicht. Er muss zur Chemo.

Ja ich glaube es ist gut, wenn ich immer mal erinnert werde: So gesund zu sein, ist nicht selbstverständlich. Und an Menschen zu denken wie meinen Doktor. Die im Krankenhaus sind oder von Krankheit betroffen.

Ich denke auch an die Angehörigen, Schwestern, Pfleger und Ärzte. Sie gehen mit Patienten mit, sind da mit ihrem Wissen, ihrer Lebenskraft. Sie können Patienten helfen, den manchmal harten Kampf anzunehmen: Trösten, pflegen, aufbauen und auch Abschied nehmen vom Leben.

Hunderttausende Menschen sind „drin“, im Krankenhaus, werden jetzt geweckt, nachher vielleicht operiert, machen sich Sorgen oder sind froh, dass die Nacht rum ist. Andere hoffen, dass sie bald raus können. Oder wissen nicht, ob sie es noch einmal schaffen. Haben vielleicht geweint, gebetet und manche hofft vielleicht, dass Gott sie bald in Ruhe sterben lässt.

Hunderttausende sind „drin“. Aber wenn man einigermaßen gesund ist, will ich da nicht gern dran denken. Ich glaube, deshalb haben auch viele Scheu davor, jemand im Krankenhaus, ‚da drin‘, zu besuchen.

Anscheinend ist das früher schon so gewesen. Sonst hätte Jesus nicht gesagt: Einen Kranken zu besuchen, das gehört mit zu den besten Dingen, die man als Mensch tun kann. Kranke besuchen und begleiten. Wer das macht, der oder die bringt ein Stück Himmel in unsere Welt. Eine Ärztin, ein Pfleger, die Nachtschwester, eine Verwandte, ein Freund. Manchmal sind das Engel. Auch für mich „draußen“. Wenn sie mich erinnern, wie gut es ist, dass ich gesund bin.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22950
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