SWR4 Abendgedanken

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Es dauert nicht mehr lange. In gut fünf Stunden wird er sich Matthias wieder auf den Weg machen. Kurz nach Mitternacht wird er sich auf das Gelände eines Supermarkts schleichen. Sein Ziel sind die Müllcontainer, die dort stehen. Dort findet Matthias alles, was er sucht: Brot, Reis, Nudeln, Obst und Gemüse. Alles ist im Müll gelandet, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum bald abläuft oder weil Bananen und Paprika ein paar Druckstellen haben. Für Matthias ist es ein im wahrsten Sinne des Wortes gefundenes Fressen. Denn von dem, was er in den Müllcontainern findet, kann der 24-Jährige gut leben. So gut, dass Matthias schon seit einigen Monaten keine Lebensmittel mehr kaufen muss.

Matthias ist nicht arm, aber er ist wütend. Er  möchte auf die Verschwendung in unserem Land aufmerksam machen. Deshalb betreibt er das sogenannte „Containern“, das auch „Mülltauchen“ genannt wird. Offiziell begeht er damit Diebstahl. Wenn er erwischt werden würde, könnte er vor Gericht gestellt werden. Matthias nimmt das bewusst in Kauf. „Was da alles an hochwertigen Lebensmitteln weggeschmissen wird, ist eine Schande“, sagt er. Und ich finde, er hat Recht.

Lebensmittel wegzuwerfen, die eigentlich noch gut sind, die erst am nächsten Tag ablaufen und noch Tage später gegessen werden können, das macht mich auch wütend. Mich stört das. Ich sehe hier den Überfluss und werde in den Nachrichten immer wieder mit anderen Bildern konfrontiert: Da sehe ich dann Menschen, die kaum das Nötigste haben und hungern müssen, sehe Kinder, die vor Hunger weinen.

Wer dagegen etwas tun möchte, der muss nicht containern wie Matthias. Man kann aber auf jeden Fall bei sich selbst beginnen und bewusster einkaufen. Das möchte ich nun ganz bewusst tun. Zum Beispiel beim Sonntagsbraten. Den kaufe ich jetzt kleiner ein. Das hat Vorteile: Zum einen wird alles aufgegessen, zum zweiten gibt es keine Reste und ich muss hinterher nichts wegwerfen. Damit werde ich nicht die Welt retten, aber ich trage meinen eigenen kleinen Teil dazu bei, bewusster mit Lebensmitteln umzugehen. Und vielleicht machen andere ja auch mit. Und gemeinsam bewirken wir schon mehr.

In gut fünf Stunden wird sich Matthias wieder auf den Weg machen zu den Müllcontainern der Supermärkte. Ich wünsche mir, dass er eines Tages nichts mehr darin finden wird. Und Matthias wünscht sich das auch!

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