SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Wie ist Gott? Wie verhält er sich zum Menschen? Das ist eine der Hauptfragen der Bibel. Und die biblischen Erzähler versuchen in einer ganzen Reihe von Geschichten und Bildern diese Frage zu beantworten. Ein besonders schönes ist das Bild des Winzers. Gott ist der Winzer und wir, die Menschen sind der Weinberg, so nachzulesen beim Propheten Jesaia (Jes 5). Für mich als Mensch von Rhein und Mosel ein besonders schönes und griffiges Bild. Wenn ich auf unsere steilen Weinberge sehe, dann merke ich wie viel Arbeit so ein Winzer hat. Wie er sich um den Weinberg mühen muss, damit da ein vernünftiger Wein wächst: Pflanzen, Schneiden, Binden, Aufgraben, Ausgeizen, Düngen, Spritzen und was da alles bei Hitze und Kälte, Sonnenschein und Regenwetter geschafft werden muss. Und so ist also Gott, er müht sich um uns Menschen. Das ist die Erfahrung der Bibel. Aber - und das ist auch ausgesagt in dieser Bibelstelle bei Jesaia - Gott will, dass dabei was Gutes  herauskommt, dass wir – um im Bild zu bleiben - gute Früchte hervorbringen. Damals bei Jesaia war das nämlich nicht so. Der Prophet beklagt sich darüber, dass das Volk keine süßen Trauben, sondern nur saure Beeren hervorbringt. Und er sagt auch deutlich, worin die sauren Beeren bestehen: Es herrscht Ungerechtigkeit im Volk. Die Starken schützen die Schwachen nicht, die Rechte der Witwen, Waisen und Fremden werden nicht beachtet, überall herrscht soziale Ungerechtigkeit. Nun, ob wir heute vor Gott viel besser dastehen, als das Volk Israel damals? Auch bei uns im Land herrscht Ungerechtigkeit, es gibt einige Reiche und viele Arme. Und weltweit gesehen schreit die Ungerechtigkeit  nur so zum Himmel. Auf der nördlichen Halbkugel herrscht Überfluss und im Süden verhungern die Menschen.

Und wie geht Gott damit um, heute im Jahr 2016? Ich glaube, dass er sich immer noch nicht mit der Ungerechtigkeit auf der Welt abgefunden hat. Aber ich hoffe auch, dass er noch immer ein geduldiger Winzer ist. Der sich trotz allem um uns sorgt. Der die Hoffnung nicht aufgibt, dass wir Menschen auch süße Trauben hervorbringen können. Für Frieden und Gerechtigkeit sorgen können, im Großen wie im Kleinen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22539
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