SWR3 Worte

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Die Journalistin Carolin Emcke über schlechte Laune und ihre Großmutter:

Schlechte Laune galt meiner Großmutter schlicht als unhöflich. Es gehörte sich nicht, andere mit der eigenen Unzufriedenheit zu belasten oder gar sie dafür verantwortlich zu machen. Ich erinnere mich gut daran, wie ich mich dann nach draußen trollte, kurz etwas unschlüssig herumlungerte, aber schon bald … vergnügt die Gegend erkundete...

Bis heute empfinde ich schlechte Laune als unerzogene Zumutung und bis heute denke ich gelegentlich, manchem täte es gut, einfach mal vor die Tür zu gehen und ein wenig zu spielen…

Meine Großmutter übrigens war ausgewandert und wieder eingewandert. Uns Enkeln hat sie nicht einen Ort als Zuhause vermacht, sondern eine Haltung…

Manchmal schicke ich  mich gleichsam selbst vor die Tür – und ich denke, das würde ihr gefallen.

(in: Süddeutsche Zeitung, 27./28.12.2014, S. 5 – hier zitiert nach „Der anderer Advent – 2015“ Verlag „Andere Zeiten eV Hamburg – 16.12.)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22457
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