SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

GL 440/EG 419

Hilf, Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

Das Lied von heute Morgen ist schlicht und kurz. Gustav Lohmann hat es geschrieben als er 85 Jahre alt war. In so hohem Alter braucht man keine Schnörkel mehr. Gustav Lohmann war Pfarrer und er betet einfach, was ihm auf der Seele liegt. „Hilf mir, Gott, dass ich noch gebraucht werde und dass man mich gut brauchen kann.“ 

Hilf, Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.    Hilf, Herr meiner Tage, dass ich nicht zur Plage, dass ich nicht zur Plage meinem Nächsten bin.      

Die Botschaft des altgewordenen Textdichters ist deutlich: „Bitte, Gott, hilf, dass ich noch zu etwas nütze und dass ich für die anderen noch erträglich bin.“

Vielleicht ist das eine Sorge, die vor allem ältere Menschen gut kennen. „Ich möchte noch so gerne mithelfen.“ und „Hoffentlich falle ich niemandem zur Last.“

Ich jedenfalls kenne diese Wünsche von meiner Oma. Sie ist sehr alt geworden und solange sie helfen konnte, hat sie sich wohl gefühlt. Zum Beispiel wenn sie eine Schüssel Kartoffeln schälen konnte oder wenn sie einen Hefeteig gemacht hat. Da hat sie sich eingebracht. Manchmal hat sie sich aber auch bewusst zurück genommen. Immer dann, wenn die Stimmung in der Familie angespannt war. Dann hat sie sich lieber zurück gehalten mit ihrer ironischen Art oder den alten Sprichwörtern, die wir alle schon auswendig konnten.

Ich bin noch kein alter Mensch. Aber ich wünsche mir auch, dass ich bemerke, wenn ich andere plage. Und dass ich das dann ändern kann.        

Hilf, Herr meiner Tage, dass ich nicht zur Plage, dass ich nicht zur Plage meinem Nächsten bin.     Hilf, Herr meiner Stunden, dass ich nicht gebunden, dass ich nicht gebunden an mich selber bin. 

Mir gefällt, wie Gott in diesem Lied gesehen wird. Er greift nicht massiv ins Geschehen ein. Aber er unterstützt dabei, dass Menschen selbst etwas verändern. Das entspricht auch meiner Vorstellung von Gott. Ich kann mir vorstellen, dass Gott mir innere Stop-Schilder aufstellt und zwar immer dann, wenn etwas in meinem Leben eine ungute Richtung einschlägt. Wenn ich zum Beispiel im Kopf immer wieder dieselben Themen wälze und darin festhänge. Oder wenn ich mich immer wieder über denselben Menschen aufrege. Ich bin dann gebunden an meine eigene innere Struktur. Und genau dann wünsche ich mir so ein inneres Stop-Schild. Das kann helfen, aber anhalten muss ich immer noch selbst. 

Hilf, Herr meiner Stunden, dass ich nicht gebunden, dass ich nicht gebunden an mich selber bin.     Hilf, Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.   

Gustav Lohmann hat diese Zeilen im hohen Alter geschrieben. Schnörkellos und frei geradeaus.

So war meine Oma auch. Sie hat kein Blatt vor den Mund genommen. Sie war ehrlich und, Gott sei Dank, sie war auch im hohen Alter noch frei. Sie war nicht an sich selber gebunden und konnte auch noch ihre Meinung ändern. Dafür bewundere ich sie. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sich vom Herrn ihres Lebens immer wieder hat helfen lassen.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22233
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