Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Die Gemeinde, in der ich Pfarrer bin, hat gestern Erntedank gefeiert. Wir machen das immer so, dass alle gemeinsam zu Beginn des Gottesdienstes einen Erntealtar gestalten: Kinder und Erwachsene bringen Obst und Gemüse, aber auch Brot und Wein, und legen sie vor den Altar; dazu werden Blumen und Kerzen gestellt. Und schon ist ganz viel Stimmung in der Kirche: Alles ist mit einem Mal bunt und schön, die Kinder freuen sich, dass sie dazu beitragen können, und in den Liedern und Gebeten loben und danken wir Gott, der das alles hat wachsen lassen, damit wir leben können.

Auf der anderen Seite sehen wir aber auch, dass nicht überall die Obstschalen und Kühlschränke voll sind. Die vielen Bettler in der Stadt erinnern uns daran, dass es nicht selbstverständlich ist, immer genügend Essen auf dem Tisch zu haben. Weltweit leiden rund 795 Millionen Menschen unter Hunger. Erntedank feiern ist deshalb ohne Teilen nicht denkbar. Und so bringen Vertreter der Gemeinde die Erntegaben direkt nach dem Gottesdienst zur Schwäbischen Tafel. Und mit der Kollekte unterstützen wir immer eine Organisation, die den Hunger in der Welt bekämpft. Aber auch das Jahr über ist es uns wichtig, für Menschen da zu sein, die sich nicht regelmäßig eine Mahlzeit leisten können – vor allem am Monatsende nicht, wenn der Geldbeutel leer ist. Immer am letzten Sonntag des Monats laden wir deshalb zu „Kathy’s Vesper“ ein, ein Abendessen in unserer Kirche St. Katharina und davor eine kurze Andacht.

Beim Erntedankgottesdienst gestern haben wir aus der Bibel die Stelle gehört, wo Gott den Menschen aus Ackerboden formt, wo er ihm dann Lebensatem in seine Nase bläst und schließlich in einen Garten setzt, den er eigens für ihn geschaffen hat: ein Garten mit allerlei Bäumen; sie tragen köstliche Früchte und sehen verlockend aus (Genesis 2,4b-9). Mir ist an diesem friedlichen Bild erneut klar geworden, dass Gott Hunger und Not nicht will. Und erst recht will er nicht das, was dazu führt: Terror und Krieg. Ich finde, das ist genug Herausforderung, etwas dagegen zu tun – im Kleinen wie im Großen, mit einfachen Mitteln ebenso wie mit großen Aktionen und weltweiten politischen Konzepten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20706
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