Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Gibt es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen und wenn ja: wie sieht er aus? 1975, vor genau 40 Jahren hat mich und viele andere ein Buch elektrisiert, das den Unterschied thematisiert hat: „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“ von Alice Schwarzer. Der Unterschied der angeblich die Ursache von allem sein soll. Einfach naturgegeben, dieser Unterschied. Und die Folgen: katastrophal!
Manche glauben bis heute: Das ist die Ordnung von Gottes Schöpfung: Männer sind Männer und deshalb die Herren – und die Frauen halten ihnen den Rücken frei.
Aber stimmt das? Muss man das aus der Bibel herauslesen? Wollte Gott diesen Unterschied zwischen Männern und Frauen? Die biblischen Schöpfungsgeschichten erzählen:  Erst war da ein Mensch. Adam. Adam war das, was von der Erde genommen war. Erde heißt in der hebräischen Bibel Adamah. Adam, der Mensch also. Der Erdling. Aber Achtung! Adam war da noch kein Mann. Einen Mann gibt es erst, als Gott auch die Frau macht. Die biblischen Erzähler haben sich das so vorgestellt: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist!“ sagt Gott. Und nimmt die eine Seite des Menschen und macht eine Frau daraus. Was übrig bleibt – die andere Seite – das ist der Mann. Auf hebräisch Isch – der Mann. Dazu kommt Ischa, die Frau. Isch und Ischa. „Mann und Männin“ übersetzt Luther um dieses Wortspiel nachzuahmen. Dabei müsste es wohl besser heißen Mensch und Menschin! Denn es geht nicht um den Unterschied. Eher um die Ähnlichkeit. Der Mann ist die eine Seite, die Frau die andere. Menschen sind beide.
Halt mal – sagen Sie jetzt vielleicht: War es nicht die Rippe? Eva, die Frau, aus der Rippe gemacht – also irgendwie nebensächlich? So hat man das immer wieder übersetzt und verstanden, was in der Bibel steht. Aber das Wort heißt tatsächlich „Seite“ und eben nicht Rippe.–  Könnte es sein, dass die Männer da ganz eigene Interessen hatten bei ihrer Übersetzung? Womöglich auch, als sie übersetzt haben: die eine soll dem anderen Gehilfin sein? Dabei sollen die beiden einander helfen – so wie Gott seinen Menschen hilft.
Die Absichten der Übersetzer haben den Unterschied zementiert und auf einmal war der eine oben und die andere unten. Aber man kann nicht sagen: Gott hat das so gewollt, finde ich. Ich jedenfalls gehe davon aus: Gott hat unterschiedliche Menschen gemacht. Mit mehr als einem Unterschied. Was sie damit anfangen, mit diesen Unterschieden – das überlässt er ihnen. Aber Mensch sind sie alle.

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