SWR2 Lied zum Sonntag
SWR2 Lied zum Sonntag
Warum bitten und beten Menschen immer noch um Frieden? So lange schon. Wo es doch so vergeblich scheint. Trotzdem: Immer wieder bitten und beten Menschen um Frieden. Laut und drängend, und wohl noch öfter still, flehend. Oder auch in Liedern, wie z.B. dem Lied, das ich heute bedenken möchte.
Dona nobis pacem; gib uns Frieden.
Ich singe es sehr gern, auch allein, aber noch lieber im Kanon, vielstimmig. Wenn der gelingt, dann erlebe ich beim Singen schon wie die Bitte um Frieden ein Stück erfüllt wird: Ich kann wirklich mit anderen zusammen klingen, Menschen müssen einander nicht quer kommen. Wir sind begabt, einander nicht Wölfe zu sein, sondern Menschen.
Dona nobis pacem maryLee
Jedes „Dona nobis Pacem“ erinnert an den Frieden, den Gottes Engel in der biblischen Weihnachtsgeschichte verkündet: ‚Friede auf Erden.‘
Aber jedes „Dona nobis“ ist auch eine Erinnerung an Gott. „Gib uns den Frieden. Den Du versprochen hast.“ Auch wenn dieses Lied sanft daherkommt.
Schwingt doch auch ein Aufbegehren, eine Klage an Gott mit. Wo bleibt der Friede? Diese Bitte versucht, Gott zu erinnern. Dass er sich nicht abwenden möge, nicht ohnmächtig zusehen, wie Gewalttäter und Unversöhnliche menschliches Leben verheeren.
Aber indem ich betend Gott erinnere, erinnere ich auch mich selbst. An meine Anteile an Unfrieden und Unversöhnlichkeit. An eigenes Gewaltpotential. „Gib mir Frieden.“ In mir selbst ist oft Unruhe, Unfriede, Widerstreit. Die Bitte hält wach, dass ich selbst ein Klangkörper des Friedens immer erst werden muss und kann.
Dona nobis Pacem Yo-Yo Ma
„Dona nobis Pacem.“ Warum hören Menschen nicht auf so zu bitten? Christen beten so, weil schon der Weg zum Frieden strittig ist: ‚Manchen Gewalttätern kann man nur mit Waffengewalt Einhalt gebieten.‘ sagen die einen. ‚Frieden stiften in Sinn Jesu kann man nur gewaltlos‘, die anderen.
Man kann vor diesem Dilemma verstummen. Oder erst recht nach Frieden rufen.
Ich habe mich oft gefragt, warum muss das „Dona nobis“ in Bachs h-moll Messe so mächtig und laut sein? Wären in einer Messe, im Gottesdienst, nicht leise Töne angebracht?
Aber vielleicht hat Bach ja genau recht, dass er die Bitte nach Frieden so machtvoll komponiert hat. Sie soll sich Gehör verschaffen in unserer gewaltbereiten Welt, in der Kriege die Suche nach Frieden oft übertönen. Gebt nicht klein bei, sagt jede Friedensbitte. Der Chor der Friedensstifter kann nie groß genug sein.
Dona nobis Pacem Brüggen
Musik 1
Dona nobis Pacem track 16 aus CD; MaryLee, Little Christmas;
baby.com/Indys LC 05047
Musik 2
Dona nobis pacem track 1 aus CD Yo-Yo Ma and Friends; Songs of Joy and Peace Sony classical LC 06868
Musik 3
Agnus Dei/Dona nobis pacem
track 15 aus CD J.S. Bach Messe in h-Moll.
Frans Brüggen/Orchestra of the 18. Century/Netherlands Chamber Choir
Decca Music LC 00171