SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

GL 809 / EG 119   

Ich denk an dich! Worte, die gut tun, wenn ich traurig bin, mich alleine fühle oder wenn eine Herausforderung auf mich wartet, die mir Bauchschmerzen bereitet.

Ich denk an dich. Wer diesen Satz sagt, der meint: du bist mir wichtig, deshalb lass ich dich nicht allein. Selbst wenn wir uns nicht sehen können, möchte ich wenigstens in Gedanken mit dir verbunden sein.

Ich denk an dich – für mich ein Satz, der gut zu Christi Himmelfahrt passt. Denn auch bei diesem Fest geht es um eine Verbindung, die nicht abreißen soll. Sie bleibt bestehen, auch wenn es erst mal nur nach Abschied aussieht.

(Musik 1):

Gen Himmel aufgefahren ist, halleluja,
der Ehren König, Jesus Christ. Halleluja.
 

Am Donnerstag war Christi Himmelfahrt. Vierzig Tage nach Ostern erinnert dieses Fest daran, dass Jesus die Erde verlässt. Er lässt seine Jünger zurück und wird in den Himmel aufgenommen. Dieses Geschehen beschreibt das alte Himmelfahrtslied schlicht und mit wenigen Worten:

Gen Himmel aufgefahren ist, der Ehren König, Jesus Christ.
Er sitzt zu Gottes rechter Hand, herrscht über Himmel und alle Land.“

Der Text klingt sperrig und etwas angestaubt. Was ich aber an dem Lied sehr mag, ist die Musik. Geschrieben wurde sie 1627 von Melchior Franck, einem evangelischen Komponisten des Frühbarocks. So wie Jesus in den Himmel auffährt, so führt die Melodie bereits ganz am Anfang schwungvoll nach oben.

(Musik 2) Instrumental 

Über eine Oktave geht es hinauf – gen Himmel. Da ist Bewegung drin. Genau wie im Rhythmus des Liedes. Zwar besteht es insgesamt nur aus sechs Takten, doch in dieser kurzen Liedspanne finden sich allein drei verschiedene Rhythmen. Diese Vielfalt macht das Lied leicht und lebendig.

(Musik 3):

Drum jauchzen wir mit großem Schalln, halleluja,
dem Herren Christ zum Wohlgefalln. Halleluja.

Jauchzen, jubeln und sich freuen. Und das, obwohl Jesus nicht mehr da ist?

Zurück bleiben die Jünger, die nun auf sich gestellt sind. Sie stehen da, völlig handlungsunfähig, schauen in den Himmel und fragen sich, wie es denn weitergehen soll.

Die Himmelfahrt Jesu ist aber mehr als eine Ortsveränderung.

Sie gehört zum Leben Jesu, ist Teil seiner ganzen Geschichte: von Jesu Geburt, seiner Zeit auf Erden über die Auferstehung bis hin zu Pfingsten.

Himmelfahrt meint nämlich nicht: Jesus ist abgehoben und losgelöst von der Welt. Und Jesus will mit der Welt nichts mehr zu tun haben. Im Gegenteil.

Jesus ist der Welt nicht ausgewichen, sondern hat das Leid sogar am eigenen Körper zu spüren bekommen. Die Welt ist Jesus ans Herz gewachsen, er hat sie sich zu eigen gemacht. Deshalb überlässt er die Welt nicht sich selbst, sondern Jesus sagt den Jüngern am Ende des Matthäusevangeliums:

Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt. (Mt 28,20)

Auch für mich haben diese Worte Bedeutung. Jesus will nicht fern von uns sein. Er denkt an uns und sendet uns seinen Geist.

Mit Himmelfahrt fängt aber auch etwas Neues an: denn auch wenn Jesus die Welt kennt, so steht er gleichzeitig über ihr. Und das finde ich gut. Ich kenne die Situationen, in denen ich untergehe: in meinen Sorgen, in Terminen, in meiner Arbeit. Untergehe im Leid. Die Hoffnung und die Sehnsucht nach einem Gott ist groß. Nach einem Gott, der über den Dingen steht und mich da herausziehen kann.

Ich finde, ein Zitat des Bischofs Franz Kamphaus fasst gut zusammen, was Christi Himmelfahrt meint:

„Gott ist nicht weltlos und die Welt nicht gottlos.“

Das ist eine Botschaft, die mich hoffen lässt und mir Grund gibt, diesen Gott zu loben, wie es die letzte Strophe des Himmelfahrtsliedes tut:

(Musik 4):

Der heiligen Dreifaltigkeit, halleluja,
sei Lob und Preis in Ewigkeit. Halleluja.

Musik 1: Gen Himmel aufgefahren ist, aus: Dahlmann, Johannsen; „Aus meines Herzens Grunde“ 2012, CD 2, Track 12

Musik 2: Gen Himmel aufgefahren ist, Instrumentalfassung zum Mitsingen, „Aus meines Herzens Grunde“ 2012, CD 2, Track 12

Musik 3: 2104093  01-001; Augsburger Vokal-Ensemble; Ridil, Christian; Studioproduktion deutsch

Musik 4: 2904186  01-005; Heinrich Schütz Kantorei, Freiburg; Freiburger Bläserkreis; Schneider, Martin Gotthard; Franck, Melchior, Lobt Gott getrost mit singen, 1982, Studioproduktion deutsch

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17631
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