SWR2 Zum Feiertag

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„Es muss doch möglich sein, dieses Deutschland zu befrieden. Indem wir es einbinden in ein geeintes Europa." Das war vielleicht die stärkste Vision für die europäische Einigung in den letzten 65 Jahren. Bei unseren Nachbarn. Und auch bei uns selbst.Es muss doch möglich sein: Deutschland in einem geeinten Europa, im Interesse des Friedens. Nach zwei Weltkriegen. Keiner unserer Nachbarn wollte mehr Angst haben müssen. Und es wäre töricht, wenn Sie und ich vergessen würden, wie berechtigt ihre Angst war. Sie haben ja alle ihre Erfahrungen gemacht: Franzosen, Briten, Niederländer, Polen, Italiener, Griechen.Diese Angst konnte man vor 20 Jahren noch einmal mit Händen greifen, nach der Wende. Margaret Thatcher z. B. hat sich lange gegen die Deutsche Einheit gesperrt. Gegen eine neue „Berliner Republik". Und nicht nur sie. Auch bei uns hatten viele Angst vor der eigenen Macht. Fast so, als könnten wir uns unserer eigenen Friedfertigkeit nicht gewiss sein.Die Deutsche Einheit ist wirklich geworden. Und heute wird sie gefeiert. Ich finde, als Deutsche können wir besonders froh sein, dass beides möglich war und wirklich geworden ist, ein geeintes Deutschland in einem geeinten Europa. Konnte uns Besseres geschehen, als uns befrieden zu lassen? Versöhnung zu erfahren und Mauern fallen zu sehen?Und was jetzt, nachdem diese Vision der Befriedung Deutschlands geglückt ist?Ich glaube, wir brauchen neue Visionen für unser Land in einem geeinten Europa. Zukunftsbilder, die Lust machen, weiter zu bauen am gemeinsamen Haus. Bilder, die konkrete Ziele und Kräfte freisetzen, wofür wir gut sein wollen in Europa. Wohin wir leben wollen.Wer keine Ziele hat, für die er sich anstrengen mag, der setzt sonst vielleicht sogar das Erreichte aufs Spiel. Ohne neue Ziele wird einem das Erreichte leicht fade. Wenn Europa keine neuen Hoffnungen mehr nährt, redet man es leicht schlecht. Und zu viele haben damit längst angefangen.Ich weiß, mancher ist skeptisch gegenüber Visionen. Aber es braucht Bilder neuer Möglichkeiten, um das was ist, zu überschreiten. Man muss wagen, ins Offene hinaus zu denken. Jede Gemeinschaft braucht das, jede demokratische Gesellschaft, und auch Europa. Es braucht Bilder, die einen bewegen: Das muss doch möglich sein." In ihnen liegt die Einladung, sich zu beteiligen. Eine Aufforderung, das, was noch nicht ist, gemeinsam wirklich werden zu lassen. ‚Das müsste doch möglich sein": Wenn man so etwas denken kann, das macht kreativ und lebendig. (Carolin Emcke)Was möchten Sie und ich als Deutsche, dass es bei uns und in ganz Europa möglich wird und dann auch wirklich?Ich habe keine fertigen Antworten. Aber fragen müssten wir endlich wieder so. Auch unsere Politiker. Unsere Ideen darauf richten. Auf Möglichkeiten, nicht nur immer auf Krisen. Es muss doch möglich sein, dass es weiter geht mit unserem Land in einem geeinten Europa.Christen hat immer wieder die Vision Jesu in die Zukunft bewegt, die er in der Bergpredigt auf den Punkt gebracht hat: „Sucht zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit und alles andere wird Euch zu fallen." Und dazu hat er Gleichnisse erzählt, Geschichten, was möglich sein könnte unter uns Menschen. An Frieden. Wenn wir wirklich machen, was Gott uns zutraut.‚Reich Gottes und seine Gerechtigkeit': Drei Gedanken dazu:Es muss doch möglich sein, dass unser Land und Europa nicht in Unfrieden auseinander fallen. In reich und arm. Sondern, dass wir seinen Reichtum - nicht nur an Geld - sondern auch an Bildung gerecht teilen. Damit alle Menschen ihre Möglichkeiten leben können.Zweitens: es muss doch möglich sein, dass Christen, Muslime, Juden und Atheisten, säkulare und religiöse Menschen nicht nur nebeneinanderher leben. Es muss doch möglich sein, dass diese kulturellen Potentiale sich gegenseitig befruchten. Und ein interkulturelles Europa wächst, das vielleicht Vorbild ist für andere Regionen der Welt. Dass Frieden möglich ist.Und schließlich: es muss doch möglich sein, dass wir in Europa so zu leben lernen, dass es uns gut geht und dem Klima. https://www.kirche-im-swr.de/?m=16185
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